Innenminister Seehofer legt einen Gesetzesentwurf vor, der weit über die Reglungen des Koalitionsvertrages hinausgeht. Dazu wird der Wahrnehmungs-Dissens zwischen Union und SPD immer größer.
Die Begrenzung des Nachzuges für subisidär Schutzberechtigte auf 1.000 im Monat stellt nach Wahrnehmung der Union nur eine weitere Obergrenze dar. Zudem behandelt Seehofer in seinem Entwurf diese max. 1.000 Menschen bereits als Härtefälle, die SPD hingegen sieht einen Anspruch für diese 1.000 Menschen und darüber hinaus die Notwendigkeit einer Härtefallregelung.
Der nun kursierende Gesetzesentwurf zum FZNeuG geht zudem über die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag und die bisherige Diskussion zum Teil deutlich hinaus:
- Eine Nachzugsmöglichkeit für Menschen mit vom BAMF festgestelltem Abschiebungsverbot wird grundsätzlich abgeschafft, obwohl hier ohnehin schon immer keine erleichterten Kriterien zu Lebensunterhaltssicherung oder Wohnraum möglich waren. Nun entfällt die Möglichkeit komplett. (§ 29 (3) Änderung)
- Wenn gegen den hier lebenden subsidiär Schutzberechtigten ein Straf- oder ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet wurde, ruht das Verfahren zum Nachzug bis zur jeweiligen Rechtskraft. Damit wird der Nachzug in diesen Fällen faktisch weiter eingeschränkt, wenn eine Strafe über 50 Tagessätzen möglich ist, was nahezu durchgängig der Fall sein wird. Die Unschuldsvermutung ist damit an dieser Stelle zumindest außer Kraft gesetzt. (§ 79 (3) neu)
- Im neuen §36a sind Ausschlußgründe aufgeführt, die dazu führen, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Nachzug nicht erteilt werden kann. Dies ist u.a. dann der Fall, wenn “die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zu dem Ausländer, zu dem der Nachzug stattfindet oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels nicht zu erwarten ist.” Hier geht es demnach nicht um ein bereits abgeschlossenes Widerrufsverfahren, sondern eröffnet einer sehr willkürlichen Betrachtungsweise Tür und Tor. Begriff und Umstände sind nicht definiert. Damit ist wider eine willkürliche Betrachtung durch die Ausländerbehörden möglich.
- Die Möglichkeit, ein weiteres Familienmitglied, also z.B. minderjährige Geschwister, als Härtefall nachziehen lassen zu können (§ 36 Abs. 4 AufenthG), wird für subsidiär Geschützte nun grundsätzlich ausgeschlossen. Damit ist auch ein späterer Nachzug weiterer minderjähriger Geschwister zu einem unbegleiteten Minderjährigen, der nur subisidiären Schutz erhalten hat, de facto ausgeschlossen (siehe unten).
- Über den möglichen Ausschluss bei Hartz4-Bezug wurde schon ausführlich berichtet.
Um nun auszuwählen, ob jemand die Gnade eines Visums innerhalb des 1.000er-Kontingents bekommt oder nicht, findet eine Härtefallprüfung statt:
Die folgenden Punkte können dabei eine Rolle spielen:
- Kindeswohlinteresse
- Wohnsituation im Ausland
- Zugang zu Arbeit und Aufenthalt dort
- Dauer der Trennung
- Freiwilligkeit der Trennung
- Gefahr für Leib und Leben
- Krankheiten
- Integrationsleistungen des subsidiär Geschützten hier, also Arbeit, Sprache, Wohnung, Einkommen
- Deutschkenntnisse beim Nachziehenden
Was diese Aufzählung jeweils bedeuten soll, wie eine Botschaft oder eine Ausländerbehörde das eine oder andere feststellt und bewertet und wie dies in eine „Rangliste“ der 1.000 Fälle gebracht werden soll – alles bleibt dabei offen.
Nicht offen bleibt hingegen, dass das bisher leider notwendige Modell, dass beim Nachzug der Eltern zu einem unbegleiteten Minderjährigen die weiteren minderjährigen Geschwister erst dann nachziehen könnten, wenn ein Elternteil hier Familienasyl oder eigenes Asyl bekommen hat, nicht mehr funktionieren wird, wenn dieser unbegleitete Minderjährige nur subsidiären Schutz hat.
In diesem Fall müßte für den Nachzug der weiteren Kinder (bzw. Geschwister des UMF) das gleiche Programm durchlaufen werden. Damit ist ein Nachzug faktisch nicht mehr möglich.
Verwiesen wird im Gesetz und auch der Diskussion dann gerne auf § 22 AufenthG als vorgesehenen Härtefallparagraphen (hier unser Beitrag dazu). Geändert wird dieser nach dem Entwurf inhaltlich jedoch nicht. Wie erfolgreich dieser § 22 real ist, lässt sich an der unglaublichen Zahl von 66 erteilten Visa in 2016 und 2017 erkennen.
Seehofer und die Union haben also schon Recht: Der Nachzug für subsidiär Geschützte wurde abgeschafft. Der für Menschen mit Abschiebungsverbot gleich mit. Und eine Härtefallregelung ist noch das Maximale, was der Gesetzesentwurf nunmehr zugesteht: Für max. 1.000 Menschen im Monat.
Wenn die SPD ihre Sprachregelung mit Realität füllen möchte, sollte sie schnell loslegen. Denn wir wissen ja, dass weitere Gesetzesentwürfe z.B. zu AnKER-Zentren etc. noch folgen werden. Der Frühling wird frostig im deutschen Asylrecht.
Und damit beweist die christliche Union wiedereinnal und erneut, dass ihnen der christliche Auftrag am Hintern vorbei geht. Es verwechselt “hilf und liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst“ mit jeder ist sich selbst der Nächste. Für diese Bigotterie und Falschheit habe ich sie schon immer geliebt. Mit dieser Verlogenheit disqualifizieren sie sich immer wieder selbst, verstoßen ungeschoren gegen das Grundgesetz und finden ihr Heimatministerium eine gute Einrichtung – wahrscheinlich von Gottes Gnaden. Armes Deutschland!!!