In dieser Folge zu Gast ist Hakan Demir, SPD, und Mitglied des Bundestages. Wir unterhalten uns über die vom Bundestag eingesetzte Enquete-Kommission Afghanistan, aber wir machen auch ungeplant einen großen grundsätzlichen Bogen zur Asyl- und Migrationspolitik der Bundesregierung.
Die Enquete-Kommission wurde vom Bundestag zusammen mit dem Untersuchungsausschuss Afghanistan eingerichtet. Ziel der Enquete-Kommission ist die Beleuchtung des kompletten Afghanistan-Einsatzes und die Ableitung von Lehren und Empfehlungen daraus für zukünftige oder auch schon laufende Auslandseinsätze der Bundeswehr.
Während die Enquete-Kommission den kompletten Einsatz in Afghanistan beleuchten soll, geht es beim Untersuchungsausschuss Afghanistan vor allem um die Beendigung des Einsatzes, konkret vom 29.02.2020, dem Abschluss des Doha-Abkommens, bis zum Ende des Mandats am 30.09.2021. In unserer Podcast-Folge behandeln wir jedoch vor allem die Enquete-Kommission.
Hier sind alle offiziellen Informationen zur Enquete-Kommission „Lehren aus Afghanistan für das künftige vernetzte Engagement Deutschlands“ verlinkt.
Besonders interessant sind dabei auch die Aussagen in den Anhörungen, die wir teilweise im Podcast zitieren. Zur Lageeinschätzung und Beurteilung sowohl durch die Bundesregierung wie auch den Bundesnachrichtendienst (BND) ist speziell die Anhörung vom 03.07.2023 interessant, in der vor allem die Aussagen vom ehemaligen BND-Präsidenten Schindler interessant sind, aber auch die vom ehemaligen Kanzleramts- und späteren Innenminister de Maizere interessant sind.
Die ganze Anhörung ist hier zu finden.
Das Wortprotokoll dazu ist hier verklinkt.
Anlass für unser Gespräch war das Erscheinen des Zwischen-Berichts der Enquete-Kommission, in dem die Ergebnisse der Anhörungen auch alle zusammengefasst sind.
Interessant ist dabei insbesondere, dass in der o.g. Anhörung sinngemäß zusammengefasst wird, dass die Lageberichte des BND ein sich stetig verschlechterndes Bild zeigen. Dies betrifft sowohl die Frage, wie weit die Taliban ihre Macht und Herrschaft ausdehnen konnten wie auch das Fehlen aller wesentlichen wirtschaftlichen Voraussetzungen und Entwicklungen ins Positive. Dies betont insbesondere der Ex-BND-Präsident Schindler sehr deutlich.
De Maizere hingegen verweist auch darauf, dass eine zu negative Darstellung der Darstellung und die Offenbarung der echten Lage die Mandatsverlängerungen im Bundestag wie auch in der Öffentlichkeit mindestens erschwert hätten. Da es jedoch aufgrund der ja eingegangenen Bündnisverpflichtungen nicht möglich gewesen sei, den Einsatz zu beenden, wäre dies auch notwendig und gar nicht anders möglich gewesen.
Interessant sind auch die Analysen und Evaluierungen aus Norwegen und den Niederlanden, die ja selbst jeweils militärisch am Einsatz beteiligt waren. In beiden Ländern kommt man zum Ergebnis, dass die Lagebilder alle geschönt gewesen seien und nicht die reale Situation dargestellt hätten.
All dies steht im Ergebnis diametral zu den Lageberichten des Auswärtigen Amtes, die ja durchgängig bis noch Mitte 2021 eine Abschiebung nach Afghanistan für möglich hielten und sowohl die Bedrohungen durch die Taliban klein- wie auch die wirtschaftliche Lage schönredeten, was beides Grundlagen für Abschiebungen waren.
Migrationspolitik Ampel
Im weiteren Verlauf des Gespräches geht es dann eher ungeplant um die komplette Migrationspolitik der Ampel seit 2021.
Fakten, Zahlen und Hintegründe
Dazu hier auch noch einmal eine Zusammenstellung der echten Zahlen und Fakten, soweit sie im Gespräch angesprochen wurden:
Geflüchtete 2022 und 2023
Interessant in diesem Kontext sind auch die Zahlen zu 2022 und 2023 zur Zahl der Geflüchteten nach Deutschland, die wir hier noch einmal explizit darstellen.
Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan
Die Zahlen zum Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan lagen bei rd. 270 Eingereisten per Ende März 2024 und bei rd. 350 per 12.04.2024. Daneben gab es zum 12.04. rd 1.900 Aufnahmezusagen (lt. BMI).
Anerkennung und Ablehnung Afghanistan
In 2023 gab es 478 abgelehnte Asylanträge. In 2022 waren es 260 (Quelle BAMF).
Zum Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)
Natürlich ist ein Gesetz erst dann verfassungswidrig, wenn dies vom Bundesverfassungsgericht auch so festgestellt wurde. Die Frage, um die es in der Diskussion geht, betrifft jedoch nicht ganze Gesetze, sondern nur bestimmte Teile davon.
Konkret ging es hier um die im sog. „Rückführungsverbesserungsgesetz“ enthaltene Verlängerung des Bezugs von Leistungen nach AsylbLG vor einem Wechsel in die sog. Analogleistungen nach SGB II/XII. Hierzu gibt es ein wegweisendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts, in dem dieses bestimmte Grundsätze aufstellte, die nach Meinung fast aller Fachleute eben mit dieser Verlängerung nun verletzt werden.
Hierzu lohnt sich die Podcastfolge mit Volker Gerloff:
Zahlen Geduldete und tatsächlich Ausreisepflichtige
Zum 31.12.2023 hatten von insgesamt 242.642 formell „vollziehbar Ausreisepflichtigen“ 193.972 Menschen eine Duldung. Tatsächlich ausreisepflichtig waren demnach insgesamt 48.670 Menschen (Quelle BMI).