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Neues Podcast-Format: Newsletter!
Wir wollen ein neues Format testen. Da sich aktuell aussergewöhnlich viel tut und ändert, wenn es um Fragen zu Asyl und Migration geht, ist die Idee, dazu eine art newsletter zu veröffentlichen. Die erste Folge beschäftigt sich im Schwerpunkt mit den Anhörungen im Bundestag zum sog. Rückführungsverbesserungsgesetz und zur Staatsangehörigkeit. Daneben sind mit der Anhörung im Abgeordnetenhaus zu Tegel und dem Gesetz zu Tempelhof auch zwei wichtige Berliner Themen dabei.
Plan ist, alle 14 Tage ein solches Format aufzusetzen, aber das kann sich ereignisbezogen auch ändern.
Viel Spaß mit der ersten Folge, und Kritik, Hinweise oder Vorschläge sind wie immer sehr willkommen!
Anhörungen im Bundestag zum Rückführungsverbesserungsgesetz & zum Staatsangehörigkeitsgesetz
Wie heute berichtet wurde, werden beide Gesetzespakete wohl nicht mehr in diesem Jahr verabschiedet. Gerade läuft die letzte reguläre Sitzungswoche, in die die Einbringung wohl ursprünglich erfolgen sollte.
Zu Rückführungsverbesserungsgesetz muss man allerdings wissen, dass neben den Verschärfungen bei Abschiebungen damit noch weitere wesentliche gesetzliche Änderungen verbunden sind, die keineswegs nur nebenbei und unbeachtlich sind:
So ist auch die Verlängerung der Dauer des Bezugs von Grundleistungen nach AsylbLG damit verbunden. Bekanntlich haben die Ministerpräsidenten im November ja beschlossen, dass der Wechsel in Analogleistungen nach SGB 2/12 nicht mehr nach 18 Monaten, sondern nun nach 36 Monaten erfolgen solle.
Hier ist noch völlig unklar, ob diese Änderung überhaupt den Vorgaben des Urteils des Bundesverfassungsgerichts entspricht, die dieses 2012 in seinem Grundsatzurteil ausgeführt hat. Denn dort war geurteilt worden, dass Abweichungen vom Existenzminimum, und das ist das, was mit den Bürgergeldleistungen abgesichert werden soll, für bestimmte Personengruppen besonders ermittelt und begründet werden müssen.
Und gerade die abgesenkten Leistungen nach AsylbLG sollen nach diesem Urteil nur für die Dauer des Asylverfahrens gelten dürfen, aber nicht ewig. Nun sind die durchschnittlichen Verfahrenszeiten beim BAMF derzeit 6,7 Monate und sollen weiter gesenkt werden. Wie man nun die Verdoppelung der Bezugszeit nun begründet werden soll, bleibt derzeit noch offen. Anhaltspunkte könnte die vom BMAS vorgelegte Formulierungshilfe geben, die nach meinem Kenntnisstand aber noch nicht grundsätzlich bekannt geworden ist.
Daneben wäre auch offen, wie mit Übergangsfällen umgegangen wird. Also wenn beispielsweise jemand bereits länger als 18 Monate, aber weniger als 36 Monate, Leistungen bezieht und nun bereits in Analogleistungen gewechselt ist. Werden dann Leistungen wieder geändert zurück von SGB 2 ins AsylbLG?
Zu all diesen Fragen haben wir vor einiger Zeit mit RA Volker Gerloff gesprochen:
Beim Rückführungsverbesserungsgesetz geht es neben der Verlängerung vom Abschiebegewahrsam auch um die erweiterte Auslesung von Handydaten, die mit dem Gesetz erlaubte Wohnungsdurchsuchung von Wohnungen Dritter. Vieles von diesen Maßnahmen ist nicht nur inhaltlich strittig, sondern bei den Handys auch rechtlich fragwürdig, weil es hierzu ein Urteil des BVerwG vom Februar 2023 gibt, das nach Ansicht von Juristen nicht sauber umgesetzt wird.
Hierzu auch hörenswert unsere Podcastfolge mit dem Gespräch mit RA Matthias Lehnert.
Zum Thema Abschiebehaft und Abschiebegewahrsam sei darauf verwiesen, dass rd. 50% der angeordneten Haftfälle letztlich rechtswidrig waren, zumindest bei der jahrelang geführten Statistik von RA Peter Fahlbusch.
Auch hier gibt es eine ausführliche Podcastfolge.
Neben dem Gesetz, das sich eigentlich mit Abschiebungen beschäftigt, sollen auch wieder Änderungen bei der Ausbildungsduldung bzw. der eigentlich als Ersatz vorgesehenen Aufenthaltserlaubnis nach § 16g vorgenommen.
Im aktuell beschlossenen und gültigen Gesetz sind zwei wesentliche handwerkliche Fehler enthalten: Einerseits wäre für die Erteilung nach § 16g die komplette Lebensunterhaltssicherung nötig, andererseits gab es keine Möglichkeit, BaföG zu beziehen.
Beides sollte eigentlich nur schlicht korrigiert werden. Stattdessen hat man die bisher auslaufende Ausbildungsduldung nun im Gesetz gelassen, die Lebensunterhaltssicherung für die Erlaubnis nach § 16g auf die Sätze nach § 12 BaföG begrenzt, den zusätzlichen Bezug von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) zugelassen und erklärt im Grunde die Passpflicht zur Erteilungsvoraussetzung, die es für die Ausbildungsduldung nicht ist. Der BaföG-Bezug ist weiterhin ausgeschlossen.
Auf diese Änderungen – so sie denn beschlossen werden – wie auch die wieder rückgängig gemachte Möglichkeit, auch aus dem Asylverfahren heraus eine Erlaubnis nach § 18a oder b zu beantragen, weil dort seit Mitte November ein Anspruch besteht, wurde bereits wieder geschlossen (Verkündung der gesetzlichen Änderung steht jedoch noch aus).
Staatsangehörigkeit
Wesentliche – und aus unserer Sicht auch völlig berechtigte – Kritik ist weiterhin, dass es nach aktueller Gesetzeslage möglich ist, trotz Sozialleistungsbezug einen Anspruch auf eine Einbürgerung zu haben, allerdings nur dann, wenn dieser Leistungsbezug nicht selbst zu vertreten ist. Damit können auch z.B. Behinderte oder Alleinerziehende einen Anspruch auf Einbürgerung haben.
Dies soll nun geändert werden, und die volle Lebensunterhaltssicherung nötig sein. Hierzu gibt es auch weiterhin Streit in der Ampel.
Verwiesen wird von den Befürwortern darauf, dass ja auch eine Einbürgerung nach Ermessen möglich sei. Im Rahmen der Anhörung stellte sich jedoch noch einmal deutlich heraus, dass die Einbürgerung im Ermessen eigentlich nur in sog. atypischen Fällen und damit im absoluten Ausnahmefall möglich ist.
Ob es hier noch Änderungen geben wird, bleibt natürlich offen.
Link zur Anhörung Rückführungsverbesserungsgesetz
Link zur Anhörung Staatsangehörigkeitsgesetz
Hinweis: Jeweils auf der rechten Seite gibt es auch eine Zusammenstellung der jeweiligen Stellungnahmen der Sachverständigen.
Berlin
UA TXL
Am vergangenen Donnerstag gab es im Abgeordnetenhaus eine Anhörung im Ausschuss für Integration zum Ukraine-Ankunftszentrum Tegel, das seit sicherlich 15-16 Monaten schon eine Unterkunft ist und in dem seit diesem Jahr auch rd. 35% der BewohnerInnen Asylbewerber sind.
Die Beschwerdelisten sind lang und die Mängel viele. Dennoch hatte man den Eindruck, dass es in Tegel letztlich zwei Welten geben muss: Die mit den Mängeln und Beschwerden der Bewohnerinnen, aus der Zivilgesellschaft, von Initiativen oder der Beschwerdestelle auf der einen und die von DRK, LAF und Senat auf der anderen Seite.
Wohl selten gab es einen so großen Dissens in der Wahrnehmung wie bei dieser Anhörung.
Wer möchte, kann sich das Ganze gerne selbst anhören und ansehen, aber es war schon offensichtlich, dass es hier offenbar sehr unterschiedliche Sichtweisen gab.
Nun kann manches davon entweder gerade erst geändert und behoben worden sein. Auch möglich, dass es schlichte Kommunikationsdefizite sind, die zu unterschiedlichen Wahrnehmungen führen, aber letztlich liegt die Wahrheit wohl bestenfalls in der Mitte.
Wir werden jedenfalls die Entwicklungen und auch die Änderungen weiter verfolgen. Denn letztlich geht e um die mit Abstand größte Flüchtlingsunterkunft in Deutschland mit bald über 7000 BewohnerInnen.
Das schafft enorme Belastungen und Herausforderungen, auch für Betreiber und Verwaltung. Das ist vorsichtig formuliert alles suboptimal, aber andererseits gab es auch in 2015 und 2016 schon THF oder den Olympiapark als große Notunterkünfte. Ebenso die Messehalle. Die Erfahrungen und Vorlagen gab und gibt es also. Und ebenso kann man bei allen Einschränkungen eben auch dennoch qualitätsstandards einführen und einhalten, auch wenn diese eingeschränkt ein mögen zu anderen Unterkünften. Gleichwohl ist das alles als Basis verwendbar und erarbeitet worden.
Und überraschenderweise zeigt der eine Flughafen, nämlich THF, dass es eben auch besser geht als in Tegel, wenn dort Container in den Hangars für ein wenig Privatsphäre sorgen, die es in tegel nicht gibt oder Betreiber ein relativ normales Angebot zur Sozialarbeit anbieten können.
Die Voraussetzungen sind in etwa die gleichen. Die Kosten mit umgerechnet rd. 165€ pro Bett und nacht auch. Also warum soll etwas in tegel nicht gehen, das in Thf läuft? Nein, auch dort ist es nicht perfekt und wünschenswert, aber eben besser gelöst. Tegel hat also weiterhin viel Luft nach oben.
Flughafen Tempelhof
Wie schon länger bekannt ist, soll das Tempelhofgesetz ja nun noch vor weihnachten geändert werden. Bekanntermaßen verbietet das Gesetz ja die Bebauung der Flächen am ehemaligen Flughafen tempelhof. 2016 wurde dann ein neuer § eingeführt, der die Bebauung von zwei Bereichen am Rand mit Flüchtlingsunterkünften zuließ. Ein Bereich liegt im Norden am Columbiadamm, der andere südlich der Hangars am Tempelhofer Damm.
Real benutzt hat man davon nur eine Fläche, nämlich die am Columbiadamm, die mit einem sogenannten Tempohome bebaut ist, das in weiten Teilen mit einer Pause 2018/19 bis heute genutzt wird. Derzeit sind dort rd. 900 Menschen untergebracht. Dazu sind jedoch weitere dort befindliche Container weiterhin nicht nutzbar. Hintergrund: Die Zuwasserleitungen sind oberirdisch aufgeständert verlegt worden, weil das Gesetz es auch nicht anders zuliess. Im Ergebnis konnte das Tempohome lange Zeit nicht genutzt werden, weil die Wasserqualität nicht ausreichend war. Bis heute werden dort keine Kleinkinder untergebracht. Könnte man diese zusätzlichen Container nutzen, würden vermutlich noch weitere rd. 4-500 Plätze an dieser alten Fläche bereitstehen.
Man muss das Thf-Gesetz ohnehin ändern, denn diese aktuelle Nutzung liefe spätestens Ende 2025 aus.
Nun will man die nutzbaren Flächen jedoch gleichzeitig verändern und erweitern. Die erwähnte südliche Fläche entfällt, die nördliche Fläche soll dabei verdoppelt werden.
Im Gesetz ist keine konkrete Planung hinterlegt. Derzeit befindet sich noch der Circus cabuwazzi auf einem Teil der alten Fläche, auf der neuen gibt es ein beachvolleyballfeld.
Möglich wäre eine Erweiterung damit sicherlich um weitere rd. 1.500 Plätze, ohne die genauen Plandaten zu kennen.
Damit könnte man THF mindestens theoretisch auf fast 4.000 Plätze ausbauen.
Link zur Änderung des Tempelhof-Gesetzes
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