Weitere massive Verschärfung des Asyl- und Aufenthaltsrechts stehen an. Dabei steht in der öffentlichen Diskussion immer die elektronische Fußfessel im Raum. Geplant sind aber eben zahlreiche weitere Maßnahmen, die eher im Stillen und ohne größere öffentliche Diskussion geplant sind.
Die elektronische Fußfessel für Gefährder, also Menschen, die nicht etwa eine Straftat begangen haben, sondern die nur so eingeschätzt werden, dass sie es eventuell tun könnten, ist ein massiver Eingriff in Persönlichkeitsrechte.
Nahezu beispiellos wird hier nun die sicher grundsätzlich notwendige und auch gewünschte Prävention auf die Spitze getrieben. Hier geht es bei aller Sorgsamkeit um nicht strafrechtlich verurteilte Menschen, sondern um formell unbescholtene Bürger.
Die Definition eines Gefährders ist dabei:
Als Gefährder werden im Zusammenhang mit der öffentlichen Sicherheit und Gefahrenabwehr Personen bezeichnet, bei denen kein konkreter Hinweis vorliegt, dass sie eine Straftat planen, aber bei denen „bestimmte Tatsachen die Annahme der Polizeibehörden rechtfertigen, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung, insbesondere solche im Sinne des § 100a der Strafprozessordnung (StPO), begehen“ werden. Die 2004 von der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Landeskriminalämter und des Bundeskriminalamts festgelegte Begriffsbestimmung ist nicht gesetzlich verankert. (Quelle Wikipedia)
Es gibt hier demnach nicht einmal einen konkreten Beurteilungsraum, sondern eine Lageeinschätzung. Wer diese wie genau trifft, bleibt dabei im Dunklen. Bei allem Respekt vor der Prävention kann dies nicht der richtige Weg sein. Abgesehen davon stellt sich die Frage, wo hier die Grenzen zu ziehen sind, bei denen dann zukünftig auch Gefährder in anderen Bereichen des Strafrechts prophylaktisch mit einer Fußfessel versehen werden können.
So nett das alles klingen mag, ist dies ein massiver Eingriff in die Grundrechte. Nicht zuletzt an der notwenigen Änderung des Grundrechtsparagraphen des Grundgesetzes wird dies auch deutlich.
Noch einmal: Niemand hat etwas gegen die Verhinderung schwerer Straftaten. Es geht auch nicht darum die Verhinderung zu behindern.Andererseits ist es eine schwere Bürde, wenn man Grundrechte dergestalt einschränkt. Hier gilt es, genau zu überlegen, ob man diese vermeintliche zusätzliche Sicherheit wirklich will und damit nicht mehr beschädigt als erreicht. Erinnert sei an den Anschlag in Frankreich, der u.a. von einem Träger einer elektronischen Fußfessel begangen wurde.
Am Ende verhindert dieses Mittel nämlich wie so oft nichts, verändert aber einen wesentlichen Punkt unseres Rechtssystems: Erstmalig wird vor der Straftat bestraft.
Dazu kommt noch, dass nach dem Entwurf nicht einmal eine Strafrechtliche Gerichtszuständigkeit vorgesehen ist, sondern die des Amtsgerichtes für Familiensachen. Hier steht zu befürchten, dass ein Gericht gar nicht die notwendige Expertise besitzt, die Tragweite und auch die Voraussetzungen einer solchen Anordnung wirklich zu durchschauen.
Durchsuchung von Datenträgern
Gemeint ist damit vor allem das Handy. Erlaubt wird nun auch die Durchsuchung der auf dem Handy des Geflüchteten enthaltenen Daten, wenn keine Papiere vorgelegt werden oder es hieran ernsthafte Zweifel gibt. Dazu gibt es die „Gummi“-Formulierung der fehlenden Mitwirkung bei der Passbeschaffung, die schon an vielen anderen Stellen immer wieder Schwierigkeiten macht und von Ausländerbehörden mit „mutiger“ Abschiebeabsicht auch sehr großzügig ausgelegt wird.
Auch hier wird u.U. eine Grenze überschritten. Das Handy ist gleichzusetzen mit der Privatsphäre einer Wohnung, die hier prophylaktisch durchsucht werden soll. Sicher sind falsche Identitäten und verlorene Papiere ein Problem. Legendär ist ein Fall eines Venezuelaners, der als Syrer 2015 als Flüchtling anerkannt wurde und bei dem erst beim Familiennachzug auffiel, dass die Familie aus einem ungewohnten Land kommt,
Aber auch hier gilt, dass man die Abwägung der Mittel vor deren Anordnung stellen muss. Das BAMF ist auch so schon in der Lage, gefälschte Identitäten festzustellen.
Wenn in dieses Konvolut von Gesetzesänderungen nun auch noch eine Änderung des Asylantragstellung bei unbegleiteten Minderjährigen eingefügt wird, spricht das Ganze wieder die Bände des hingeschusterten Gesetzes.
Um die ganze Tragweite noch einmal darzustellen, hilft ein Blick auf den Artikel 4 der Gesetzesänderung:
Das Grundrecht der Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes) wird nach Maßgabe des Artikels 1 Nummer 2, Artikels 1 Nummer 8 und Artikels 1 Nummer 9 eingeschränkt.
um nichts anderes geht es hier nun gerade.
LINK zum Gesetzesentwurf
Referentenentwurf zur Verschärfung des Asyl- und Aufenthaltsrechts