Heute vor einem Jahr startete das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan. Es sollte einerseits das erste humanitäre Aufnahmeprogramm sein, das zusammen mit der Zivilgesellschaft durchgeführt wird und andererseits die Versprechen der alten Bundesregierung und der großen Koalition ebenso einlösen wie die humanitären Ansprüche der neuen Ampel-Regierung.
Der Fall Kabuls Mitte August 2021 führte zur kompletten Machtübernahme der Taliban über Afghanistan. Die damalige Bundesregierung sagte damals den Menschen zu, dass es umfangreiche Evakuierungen und Aufnahmen geben werde.
In Teilen ist dies auch eingehalten worden, wenn inzwischen rd. 19.000 Ortskräfte inzwischen aufgenommen wurden. Das Bundesaufnahmeprogramm sollte hingegen für eine Aufnahme aus humanitären Gründen sorgen und damit auch die Versprechen einlösen, die letztlich schon die Große Koalition im August 2021 den Menschen Afghanistans gegenüber abgab.
Es hat schon lange gedauert, bis es überhaupt zum Start des Programmes kam. Dazu dauerte es noch einmal, bis die genauen Bedingungen überhaupt öffentlich wurden. Später wurde dann das Verfahren aus “Sicherheitsgründen” wieder ausgesetzt. Hintergründe und Kritik an dieser Aussetzung und zu den Problemen beim Start gibt es ausführlich hier:
Im Ergebnis sind nun ein Jahr nach dem offiziellen Start tatsächlich 13 Visa ausgestellt worden. 13 von 12.000, also 1.000 monatlich,, die eigentlich nach dem Programm vorgesehen waren. Damit hat man mit viel Mühen vermieden, mit einer Null-Nummer in den Jahrestag zu gehen, aber dennoch ist das Ergebnis ja wohl erschütternd für ein so groß angekündigtes Programm.
Dabei ist das Programm real bereits “ausgebucht”, wenn nach offiziellen Angaben bereits über 40.000 Menschen dafür registriert sind.
Offen bleibt nun, ob und in welcher Form das Programm überhaupt mal richtig anläuft, denn fortgesetzt wäre ja wohl der falsche Begriff.
Im migrationspolitischen Überbietungswettbewerb seit ebenfalls rd. einem Jahr wird inzwischen an diversen Stellen immer wieder das Aussetzen von freiwilligen Aufnahmen oder auch weitergehende Einschränkungen zum Familiennachzug etc. gefordert. Positionen , die inzwischen mit erheblichen Diskursverschiebungen von ehemals ganz rechts außen bis inzwischen weit in die Ampel-Parteien hinein verbunden sind.
Insofern bleibt trotz aller Beteuerungen offen, ob und in welchem Umfang das Bundesaufnahmeprogramm tatsächlich fortgeführt wird. Dies ist alleine schon deshalb bedauerlich, weil es wie erwähnt auf Versprechungen gegenüber den Menschen in Afghanistan basierte. Und es ist auch schade, wenn der erstmalige Versuch, ein humanitäres Aufnahmeprogramm unter Einbindung der Zivilgesellschaft aufzulegen, scheitern würde, statt als positives Beispiel für andere Fälle und Situationen zu dienen.
Update detaillierte Zahlen 30.09.2023:
210 ausgewählte HauptantragstellerInnen
571 Menschen inkl der dazugehörigen Familienangehörigen
20 daraus eröffnete Visaverfahren
13 erteilte und genutzte Visa (eingereiste Personen)