Berlin & Bremen beschließen Landesaufnahmeprogramme für Afghanistan – mit Defiziten

In Berlin und auch in Bremen sind vom jeweiligen Senat Landesaufnahmeprogramme beschlossen worden.

In Bremen sollen Familienmitglieder von dort bereits lebenden AfghanInnen aufgenommen werden, wenn das Familienmitglied hier in Bremen wohnt, eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, über ausreichend Wohnraum verfügt und der Lebensunterhalt für die Familie gesichert ist. Die Zustimmung des Bundesinnenministeriums steht jedoch noch aus. Weitere Informationen hier.

In Berlin hatte der Senat bereits am 19.08. ein Landesaufnahmeprogramm beschlossen, danach jedoch keine konkrete Aufnahmeanordnung vorgelegt.

Nun wurden am 14.12.2021 erneut zwei Programme beschlossen.

500 Menschen in fünf Jahren

Im ersten Programm sollen über fünf Jahre hinweg jährlich bis zu 100 AfghanInnen aufgenommen werden.

Die Aufnahme erfolgt zusammen mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) und der Internationalen Organisation für Migration (IOM). Begünstigte sind als besonders schutzbedürftig eingestufte Geflüchtete sowie Menschen, die sich als Journalistinnen und Journalisten, Künstlerinnen und Künstler, Menschenrechtlerinnen und Menschenrechtler oder Oppositionelle engagiert haben, die sich in Afghanistan oder einem Anrainerstaat aufhalten und nicht bereits eine Aufnahmezusage des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat erhalten haben.

Details zu einer noch zu erlassenden Aufnahmeanordnung liegen noch nicht vor. Ausgehend von ähnlichen Programmen in Berlin ist jedoch davon auszugehen, dass es auch hier Aufenthaltserlaubnisse nach § 23 AufenthG geben und auf die Lebensunterhaltssicherung als Voraussetzung verzichtet wird.

Erweiterung Aufnahmeprogramm für Syrien und Irak um Afghanistan

Daneben soll das bereits bestehende Landesaufnahmeprogramm für Menschen aus Syrien und Irak um Menschen aus Afghanistan erweitert werden. Hiernach können bereits in Berlin lebende AfghanInnen Mitglieder ihrer Familie nach Deutschland holen, wenn ein Verwandtschaftsverhältnis ersten oder zweiten Grades besteht. Dies sind also Eltern, Kinder, Enkel, Großeltern und Geschwister, auch wenn diese bereits volljährig sind.

Weitere Voraussetzung ist jedoch dazu die Sicherung des Lerbensunterhaltes durch Übernahme einer Verpflichtungserklärung und eine bereits bestehende Aufenthaltserlaubnis.

Diese beiden Punkte erschweren die Aufnahme damit erheblich oder machen sie für weite Teile der afghanischen Community in Berlin sogar unmöglich.

Nach den Zahlen für 2020 haben – letztlich politisch motiviert – nur rd. 50% beim BAMF direkt einen Schutzstatus zugesprochen bekommen und in der Folge eine Aufenthaltserlaubnis erhalten.

Von allen vor Gericht in 2020 entschiedenen Klagen gegen ablehnende Bescheide gewinnen Afghan:innen rd. 60%, in 2021 (bis Mai) sogar rd. 75%. Hieran kann man auch gut erkennen, dass die Entscheidungen vom BAMF in der Mehrzahl der Fälle nicht sachgerecht sind. Seit August 2021 entschied das BAMF gar nicht mehr über Asylanträge. 

Wenn nun die Entscheidungen vom BAMF wieder aufgenommen wurden, werden im Laufe des Jahres 2022 auch die Anerkennungen hochgehen. Die Zeit, hierauf zu warten, haben aber Familien in Afghanistan nicht. 

Wenn Berlin es also ermöglichen will, dass hier bereits langjährig lebende Afghan:innen eine Möglichkeit bekommen sollen, Teile ihrer Familie hier zu holen, muss das Aufnahmeprogramm in diesem Punkt nachgebessert werden und letztlich nur erwartbare BAMF-Entscheidungen vorwegnehmen. 

Wir hatten dazu schon im August ein Aufnahmeprogramm gefordert, dass auf die Lerbensunterhaltssicherung verzichtet und dies im Dezember auch noch einmal vor dem Beschluss in einem offenen Brief untermauert. Nach dem aus unserer Sicht unzureichenden Senatsbeschluss haben wir noch einmal auf die besonderen Umstände hingewiesen und eine Nachbesserung bei der noch zu erlassenden Aufnahmeanordnung angemahnt (siehe pdf).

Will Berlin tatsächlich eine wichtige Hilfe für die hier aufhältigen Menschen aus Afghanistan und die besondere Situation sein, dann sollte das Aufnahmeprogramm auch entsprechend angepasst werden.

2 Gedanken zu „Berlin & Bremen beschließen Landesaufnahmeprogramme für Afghanistan – mit Defiziten“

    • Für das 1. Programm mit den 100 Menschen pro Jahr kann man sich nicht anmelden. für das zweite Programm geht es dann, wenn die Aufnahmeanordnung dazu erlassen wurde.

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