Stellungnahme der Initiativen zum Gesamtkonzept Integration und Partizipation Geflüchteter

Wir hatten im April 2018 die PLANBAR zum Gesamtkonzept veranstaltet und den damaligen Zwischenstand diskutiert. Nun liegen die beschlossenen Ergebnisse vor. Mit dem damaligen Vorbereitungsteam haben wir uns diese Ergebnisse angeschaut und unsere Meinung dazu dokumentiert.

Anmerkung:

Das Handlungsfeld 8 fehlt noch (Stand 17.12.2018) aufgrund der kurzen Vorbereitungszeit. Ebenso fehlen noch Querschnittsthemen. Generell erlaubte der kurze Vorlauf nur eine erste Betrachtung. Die einzelnen Kapitel wurden einzeln oder in Teams bearbeitet.

Stellungnahme und Vorbemerkung

Wir begrüßen, dass die Stadtgesellschaft insgesamt an der Erarbeitung des Konzepts beteiligt wurde, selbst wenn es Kritik an der fehlenden Beteiligung einzelner Teilnehmer gab.

Wir begrüßen, dass sich die Stadt Berlin mit dem gesamten Senat zu diesem Konzept bekennt, so dass es ein Konzept für alle Senatsverwaltungen gibt, dass die Flüchtlingspolitik als zentrales Thema der Stadt anerkennt und würdigt.

Flüchtlingspolitik ist Teil der Stadtpolitik, für alle von großer Bedeutung, berührt alle Kernbereiche städtischen Lebens, wie Wohnen, Schule, Kita, Arbeit, Ausbildung und Gemeinwohl. Als solches also das Land Berlin mit den Senatsverwaltungen, die Bezirke, die eingebundenen Behörden und Verwaltungsorgane. Flüchtlingspolitik ist dem entsprechend gesamtgesellschaftlich zu betrachten.

Die Erarbeitung des Gesamtkonzepts hatte einen richtigen Weg. Viele Menschen wurden beteiligt, haben sich sachlich und fundamental eingebracht. Leider blieb im politischen Prozess der letzten rd. 8 Monate Einiges auf der Strecke, wurde vergessen, fallen gelassen oder weichgespült.

So bleibt das Gesamtkonzept in großen Teilen nur im Konjunktiv, es fehlen Kriterien und Indikatoren.

Ein weiterer Kritik-Punkt, ist die politische Vorgabe, dass das Konzept kostenneutral bleiben müsse. Doch – es kostet! Alle Fachleute sind z.B. der Meinung, dass der Betreuungsschlüssel zu gering angesetzt ist. Ein Fazit basierend auf einer Einladung zur Beurteilung, ausgesprochen vom Senat – aus gutem Grund.

Einige bekannte Kritikpunkte sind Jahre alt. Dass sie aktuell thematisiert werden, macht umso deutlicher, wie nötig eine aktive Verbesserung der Situation ist.

Einige Punkte sind den 10.000enden freiwilliger Helfer*innen und Unterstützer*innen zu verdanken, deren Know-how leider noch immer kleingerechnet und nicht wirklich gewürdigt wird. Stattdessen profitieren etablierte Player, die zu großen Teilen eine gute Arbeit machen und gegen die sich die Kritik nicht richtet.

Wir Initiativen gehen davon aus, dass wir auch in Zukunft im Vorfeld an wichtigen Entscheidungen und der Weiterentwicklung des Gesamtkonzepts aktiv und auf Augenhöhe eingebunden werden.

Bislang planen wir ein Monitoring der Umsetzung und Fortführung des Konzepts und haben vor, dies auch in regelmäßigen Abständen auf „Planbar Konferenzen“ zu spiegeln.

Unser Anspruch ist, die Stadt an sich besser zu machen, für ALLE und am besten von ALLEN.

Umso wichtiger ist nicht nur ein Monitoring der nun beschlossenen Maßnahmen, sondern auch deren fortlaufende Ergänzung und Weiterentwicklung. Dabei müssen die in den Arbeitsgruppen erarbeiteten und dann wieder entfallenen Punkte zwingend Berücksichtigung finden

Ein in sechs Monaten von Fachleuten und freiwilligen Helfer*innen und Unterstützer*innen erarbeitetes Gesamtkonzept verdient eine Umsetzung in Gänze, nicht nur in Teilen.

Nun muss dem ein gesamtstädtisches Interesse und Handeln zur Lösung von Problemen folgen. Für Geflüchtete. Für Migranten. Für ALLE ….

Handlungsfeld 1: Ankommen und Bleiben

Optimierung von Beratungsstrukturen

Zu Recht wird die Optimierung von Beratungen in den Vordergrund gestellt. Dazu gehören Beratungsleistungen während des kompletten Asylverfahrens, insbesondere zu Beginn, aber auch während des Verfahrens und insbesondere bei (Teil-) Ablehnungen eine sich anschließende Perspektivberatung.

Hier wird positiv das Willkommenszentrum herausgestellt, was auch völlig richtig ist. Die daneben geförderten 10 Migrantenorganisationen sind ebenfalls zu begrüßen. Aus der Betrachtung fallen jedoch leider die aus ehrenamtlichen Strukturen entwickelten Beratungs- und Betreuungsangebote, die sich seit 2015 entwickelt und etabliert haben, die jedoch in weiten Teilen nicht als laufendes und kontinuierliches Beratungsangebot wahrgenommen werden, obwohl sie einen erheblichen Teil der tatsächlichen Beratungen durchführen.

Ankommen und Ankunftszentrum (beides so explizit nicht benannt)

Grundsätzlich positiv ist die Einrichtung einer nunmehr unabhängigen Asylverfahrensberatung ab 2019 im Ankunftszentrum durch AWO Mitte (Ergebnis der Ausschreibung).

Ebenso positiv ist die Aussage, dass zukünftig nach dem Ankommen mehr Zeit vergehen soll, bis die Anhörung stattfindet. Das Ziel, das Menschen nur mit Vorbereitung auch in Schnellverfahren in die Anhörung gehen, ist ebenso positiv.

Hier bleibt jedoch abzuwarten, wie dies in der Realität umgesetzt wird. Im Hangar sind im Moment keine räumlich getrennten Beratungsmöglichkeiten vorhanden, die eine seriöse ruhige Beratung ermöglichen.

Dazu sei daran erinnert, dass die Unterbringung im Hangar zwar durch den Bau eines neuen Ankunftszentrums in rd. Einem Jahr ein Ende haben soll, es bis dahin aber immer noch diese prekäre Unterbringung ohne eine Lösung für die Zwischenzeit gibt.

Zur Verbesserung der Beratungssituation SOLLEN Kapazitäten im Willkommenszentrum ausgebaut und analoge wie auch digitale Angebote ausgeweitet werden. Gleiches gilt für die Einrichtung unabhängiger Beschwerdestellen, da das Willkommenszentrum diese Rolle nicht wahrnehmen kann, sondern nur vermittelnd tätig ist.

In dieser Unverbindlichkeit liegt gleichzeitig Chance wie Gefahr. Nebenbei wird die Vermittlerrolle auch von NGOs und aus ehrenamtlichen Strukturen entstandenen Organisationen bereits ebenso wahrgenommen.

Beschwerde und Schlichtung

Notwendig ist aus unserer Sicht eine tatsächliche Beschwerde- und Schlichtungsstelle.

Positiv ist hingegen die Verbesserung der Raum- bzw. Wartesituation in der Ausländerbehörde, gerade für Mütter und Kinder.

Eine Reihe weiterer Maßnahmen steht wiederum unter einem Prüfauftrag bzw. Ist „nur“ beabsichtigt. Hierzu gehören die Kontrolle und Verbesserung der Ausgabe von Wartenummern

und die Verbesserung der Bearbeitungszeiten bei auch zeitkritischen Anliegen wie Beschäftigungserlaubnissen.

Hier ist jedoch einerseits eine grundsätzliche Überarbeitung des Terminwesens notwendig. Die aktuelle Handhabung, dass Menschen pauschal auf 10 Uhr terminiert werden, aber sich Bearbeitung real den ganzen Tag hinziehen kann, ist mehr als suboptimal. Menschen in Arbeit, Ausbildung oder Schule fehlen dadurch ganze Tage statt nur 2-3 Stunden, die real inkl. An- und Abfahrt notwendig wären.

Es fehlt zudem auch an einer Fast Lane für termingebundene Anliegen, z.B. Erlaubnisse, die aufgrund eines Beschäftigungs- oder Ausbildungsbeginns termingerecht bearbeitet werden müssen. Hier drängen auch die Arbeitgeber auf eine Anpassung.

Ebenso fehlt eine direkte Beratungs- und Bearbeitungs-Hotline für Arbeitgeber, an die diese sich bei konkreten Anliegen wenden können.

Besonders Schutzbedürftige

Dargestellt werden die vorhandenen Strukturen und Beratungsangebote, die nach Meinung des Senats auch zurecht verbesserungswürdig sind.

Neben einer verbesserten Identifizierung besonders Schutzbedürftiger, die nur über eine Schulung der hieran beteiligten Mitarbeiter erfolgen kann, müssen nach unserer Auffassung besonders Schutzbedürftige grundsätzlich aus Schnellverfahren herausgehalten werden. Zunächst ist die Berücksichtigung der jeweiligen Schutzbedürftigkeit zu ermitteln und umzusetzen. Erst danach kann ein Eintritt in das Asylverfahren erfolgen.

Auf diesen Umstand wird im Gesamtkonzept kein bzw. Zu wenig Bezug genommen. Hierzu sind verbindliche Abstimmungen mit dem BAMF erforderlich, aber auch verbindliche Regelungen hinsichtlich einer sofortigen anderen Unterbringung als die im Ankunftszentrum im Hangar.

Die in der Bestandsaufnahme dargestellten verbesserten Rahmenbedingungen durch besonders geschulte EntscheiderInnen treffen sicherlich zu. Entscheidend ist jedoch, dass zunächst erst einmal der besondere Schutzbedarf identifiziert und der richtige Umgang damit geschult wird. Hier mangelt es teilweise erheblich.

Die Klärung von im Publikumsverkehr bei der ABH auftretenden Klärungsfälle bei besonderer Schutzbedürftigkeit über die Sachgebietsleitung ist gut und richtig, jedoch insofern sachfremd, weil kein Geflüchteter um diese Regelung weiß und dazu im Wartebereich das Organigramm der ABH googlet.

Rückkehrberatung

Es sind eine Vielzahl von Maßnahmen aufgeführt, die letztlich das Ziel haben sollen, eine freiwillige Rückkehr zu verbessern bzw. Die Rückkehrerzahlen zu erhöhen. Dies ist jedoch im Wesentlichen keine Frage des Geldes.

Hauptforderung, die im Konzept weitgehend unbeantwortet bleibt, ist die Sicherstellung der Unabhängigkeit einer Rückkehrberatung und dazu die in der Arbeitsgruppe in weiten Teilen erhobene Forerung, dass eine Rückkehrberatung einerseits freiwillig ist und andererseits erst nach abgeschlossenem Asylverfahren erfolgen soll. Hier läßt das Konzept fast alles offen.

Weitere klare Forderung und Hinweis aus allen in der Praxis damit Beschäftigten ist, dass eine Rückkehrberatung sich nicht an Prämien und Pauschalen orientieren darf, sondern auf die

Situation und Umstände NACH Rückkehr Bezug nehmen muss. Sind Fluchtgründe, selbst wenn sie nicht asylrelevant sein mögen, nicht abgestellt, erfolgt auch entweder keine Rückkehr oder eine in eine völlig ungewisse Zukunft.

Wichtig sind deshalb Beratungsansätze und auch finanzielle Hilfen, die auf die jeweilige Situation im Herkunftsland Bezug nehmen und eine reelle Chance auf eine Zukunft dort ermöglichen. Auch dieser Umstand fehlt fast durchgängig.

Bleibeperspektiven

Vorab: Auch hier sind viele einvernehmliche Forderungen unberücksichtigt geblieben.

Die Verbesserung der Arbeitsfähigkeit der Härtefallkommission und deren finanzielle und personelle Ausstattung ist sicherlich ein richtiger Hinweis und Ansatz. Jedoch betrifft dies nur einen relativ kleinen Teil.

Komplett ausgeklammert wurden alle anderen diskutierten Ansätze und Forderungen:

Zunächst fehlt der Hinweis und Ansatz auf die Beratungsfunktion und auch -Pflicht, bleiberechtliche Perspektiven zu erkennen und den Menschen aktiv vorzuschlagen.

Zu nennen sind hier insbesondere die Regelungen nach § 25 Abs. 5, § 25 a und § 25 b.

Im Weiteren sind speziell aufgrund der Berliner Weisungslage zu Afghanistan und der Tatsache, dass mit wenigen Ausnahmen Abschiebungen unterbleiben, einige Handhabungen der Ausländerbehörde weder sinnvoll noch tragbar. Die Ausstellung von Grenzübertrittsbescheinigungen ist ebenso unsinnig wie die Ausstellung von kurzfristigen Duldungen, sofern es sich nicht um konkret begründbare Einzelfälle handelt. Gleiches gilt für die aufgrund von Passlosigkeit verhängten Arbeitsverbote, denn die Passlosigkeit ist hier kein selbst zu vertretendes Abschiebehindernis.

Hier behindert aus unserer Sicht die ABH unnötig eine weitere Integration und erhöht zudem für sich selbst ebenso unnötig den Arbeitsaufwand.

Grundsätzlich

Die Arbeit der VAB-Kommission hat bereits zu einigen positiven Ergebnissen geführt. Diese grundsätzlich positive Zusammenarbeit soll unbedingt fortgeführt werden.

Gesetzliche Änderungen, wie sie z.B. durch das aktuell geplante Fachkräfteeinnwanderungsgesetz geschaffen werden sollen, bedürfen der konkreten und inhaltlichen Begleitung durch den Senat auf Bundesebene, SenInnDS auf Fachministerebene und ebenso auf Seiten der ABH auf Behördenebene. Neben einigen völlig unverhältnismäßigen Regelungen an sich sind zudem auch massive Beeinträchtigungen der Verwaltung zu erwarten. Dies macht zudem einige wie erwähnt sehr positive Ansätze der VAB-Kommission u.U. zunichte.

Handlungsfeld 2: Unterbringung Wohnen und Soziales

Das Handlungsfeld ist wie bei beim Abschlussbericht der als Vorlage für die Planbar herangezogen wurde in drei Themenfelder unterteilt:

1. Gewährleistung der bedarfsgerechten Versorgung Geflüchteter bei der Leistungsgewährung
2. Zielgruppenorientierte Unterbringung von Geflüchteten
2. Weiterentwicklung und Qualitätssicherung bei der Unterbringung

3. Versorgung der Geflüchteten mit Wohnraum und Verbesserung des Zugangs zum Wohnungsmarkt

Die aufgezählten Maßnahmen sind jedoch insgesamt weniger, die Beschreibung sehr allgemein gehalten.

1. Gewährleistung der bedarfsgerechten Versorgung Geflüchteter bei der Leistungsgewährung

Positiv:

– Verbesserte Terminvergabe, kürzere Wartezeiten, Aufklärung (Rechtsvorschriften, Verwaltungsverfahren, Kostenträger, Aufenthaltsstatus), Sprachmittlung, effektive Behördenzusammenarbeit beim Übergang LAF-> Jobcenter
– Kommunikationsprozess mit Nichtstaatlichen Initiativen und Fortsetzung nichtstaatlicher Beratungsprojekte (Orientierung im Hilfesystem)

– Besonders Schutzbedürftige identifizieren und bedarfsgerecht versorgen, Härtefallgründe gegen Verteilung frühzeitig erkennen durch Sensibilisierung zuständiger Behördenmitarbeiter
– Gesamtstädtische Lösung bzgl. Geburtsdatenregelung (zuerst Prognose der Konsequenzen des Wohnortprinzips)

Kritik:

Kritisch muss der Vergleich mit den allen Absichtserklärungen mit den aktuellen realen Verhältnisse betrachtet werden:
– Chaos im LAF führt zu wochenlangem Warten auf Registrierung des Asylgesuchs. Folgen sind rechtswidrige Verweigerung der medizinischen Versorgung, Sozialleistungen und Rechtsberatung und keine menschenwürdige Unterbringung im Ankunftszentrum. Das betrifft auch besonders Schutzbedürftige wie Schwangere und Kranke.

– Unklare Strukturen und nicht erreichbare Ansprechpartner beim LAF
– schon jetzt wird die gesetzlich zustehende Ausstattung nicht immer gewährt (z.B. Kleidung, Bargeld) und Anträge nicht schnell genug bearbeitet
– Besonders Schutzbedürftige müssen sofort in geeignete Unterkünfte mit Apartmentstrukturen oder Wohnungen untergebracht werden

2. Zielgruppenorientierte Unterbringung von Geflüchteten

Positiv:

– Standortauswahl nach integrationsrelevanten Aspekten wie Infrastruktur und in Kooperation mit den Bezirken, Stärkung der Infrastruktur, Belegungssteuerung berücksichtigt unterschiedliche Bedarfe (insb. Schutzbedürftige), Geflüchtete bei der Auswahl der Unterkünfte befragen. Mitbestimmungsrechte innerhalb der Unterkünfte.

Kritik an Belegungssteuerung und Objektstrategie

Genaue Angaben zur Ausführung der Belegungssteuerung gibt es im Gesamtkonzept nicht. Die Kritik bezieht sich deshalb auf Informationen dazu von verschiedenen Veranstaltungen des LAF oder der AG Unterbringungs- TÜV.
Ankunftszentrum (AKZ), Erstaufnahmeeinrichtung (EAE), Gemeinschaftsunterkunft (GU) 1-3

Schließung Tempelhofer Hangar als Ankunftszentrum:

• Sofortige Schließung der ungeeigneten Unterkunft im Flugzeughangar und Verlegung des Ankunftszentrums in ein gut ausgestattetes Gebäude.
• Registrierung und Leistungsgewährung und Gesundheitsversorgung vom ersten Tag an
• keine Beteiligung am Schnellverfahren, genügend Zeit für Rechtsberatung durch unabhängige und individuelle Asyl- und Verfahrensberatung

Kein Kapazitätsaufbau bei Erstaufnahmeeinrichtungen (EAE)

Neben dem Ankunftszentrum baut das LAF Unterkünfte zu EAEs aus => Restriktionen: Sachleitungen, Vollverpflegung, Residenzpflicht, Wohn- und Arbeitsverbot, Gefahr der Dauereinweisung für Menschen aus sog. ‘sicheren Herkunftsländern’. Eine Rechtspflicht der Länder besteht nicht „die Länder handeln im Rahmen ihrer Kapazitäten“ § 48-50 AsylG ermöglichen frühere Entlassung aus der Wohnverpflichtung.
• Wohnverpflichtung auf wenige Tage beschränken (Ankunftszentrum)
• Keine Unterkünfte mit Restriktionen und Sachleistungen in Berlin, GUs mit Küchen, Privatsphäre und Bargeld für alle

Objektstrategie GU 1-3

• Qualitätssteigerung GU1- GU3 bzgl. baulicher Ausstattung, bei gleichzeitiger Abnahme des Betreuungsumfangs. 30% Personalkosten sollen eingespart werden.
• Je mehr „Integrationserfolg“, desto höher die Chancen auf einen Platz in einer GU mit Rückzugsmöglichkeiten und Appartementstruktur

• kein Belegungsmanagement mit Zuweisung in gute GUs nach vermeintlichen Fähigkeiten und Kompetenzen, keine „Wohnfähigkeitsprüfung“
• Zuweisung in baulich schlechtere Unterkünfte wird mit r mangelhafter Fähigkeit zur selbstständigen Lebensführung begründet und den Betroffenen zugeschoben.

• Personen mit hohem Unterstützungsbedarf verbleiben in schlechteren Unterkünften ohne abgeschlossene Wohneinheiten. Menschen mit besonderen Schwierigkeiten dürfen nicht mit schlechteren Wohnstandards bestraft werden
• Maximierung von Umzügen (z.B. AKZ à EAEà GU1 àGU3) = Verlust von Schul- und Kitaplätzen im Sozialraum

• Erhöhte Anforderungen an alle Unterkünfte: Abgeschlossene Wohneinheiten und gute Betreuung

für alle. Keine GU3 ganz ohne Sozialbetreuung, außer bei Mietverträgen und wohnungsähnlicher Unterbringung in eigenen Apartments.
3. Weiterentwicklung und Qualitätssicherung bei der Unterbringung

Positiv: Kompetentes Personal mit wenig Fluktuation, Mobiles Team Kinderschutz, Betreuungsschlüssel muss an Bedarfe der untergebrachten Personengruppe angepasst werden, Unabhängiges, effektives, transparentes, nachvollziehbares beschwerde- und Kontrollmanagement (Bewohner*innen und weitere Akteure)

Kritik: auch hier nehmen wir Bezug auf andere Veranstaltungen, die die Vorhaben präzisieren, da das Gesamtkonzept nur sehr allgemeine Aussagen macht:

• Beim Betreuungsschlüssel soll 30% eingespart werden (siehe oben)
• Beschwerdestelle soll nicht parteiergreifend für die Betroffenen arbeiten und vom LAF kontrolliert werden
• Einheitliche Qualitätsstandards für alle Unterkünfte inklusive vertragsfreie Hostels, in denen anerkannte Geflüchtete untergebracht sind
• Recht auf Unberührbarkeit der Wohnung und Selbstbestimmung
• Umgang Ehrenamt und Betreiber verbindlich gestalten
• Transparente Beteiligung von Geflüchteten und Initiativen an der Ausarbeitung der Qualitätsstandards, Betreiberverträge und Beschwerdestelle.

4. Versorgung der Geflüchteten mit Wohnraum und Verbesserung des Zugangs zum Wohnungsmarkt

• Bezüglich Beratung wird hier sehr allgemein auf das Mietdachgebiet des LAF verwiesen. Das ist keinesfalls ausreichend. Eine Bestandaufnahme bestehender Beratungs- und Unterstützungsstrukturen durch Senat und deren Ausbau ist dringend notwendig aber noch nicht erfolgt. Im Gegenteil – so wurde z.B. das EJF gekündigt.

• Es wird sehr allgemein auf die geplante Erhöhung des kommunalen Wohnungsbestandes und Kooperationsvereinbarungen mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften hingewiesen.
• Um davon zu profitieren ist ein WBS für alle Geflüchteten, auch anerkannte und Geduldete notwendig.

• Positiv ist die Absicht den Kooperationsvertrag WfF weiterzuentwickeln und die Einführung Generalmietermodell zu überprüfen (bleibt aber sehr unkonkret).
• Um praktische und strukturelle Lösungen für den Übergang Geflüchteter auf den Wohnungsmarkt zu erarbeiten wird auf den Runden Tisch „Alternativen zur öffentlichen Unterbringung geflüchteter Menschen“ als Vernetzung von Verwaltung, Behörden, Zivilgesellschaft verwiesen. Dieser hat aber im Dezember das letzte Mal getagt und wird nicht weitergeführt.

• Weitere Forderungen wie verbindliche Mietübernahmescheine, Beratungsstellen (für Geflüchtete, Unterstützer*innen und Vermieter*innen)in allen Bezirken fördern, WBS für alle Geflüchteten, schnelle Mietübernahme durch die Sozialbehörden, Kooperation mit Wohnungsbaugesellschaften, fehlende Wohnungen für große Familien, siehe hier und hier

Handlungsfeld 3 Gesundheit

Positiv hervorgehoben wird die Einführung der elektronischen Krankenkarte, die den Verwaltungsaufwand verringert und die gesundheitliche Versorgung aller Geflüchteten verbessert hat. Dem schließen wir uns an.

Hauptziel sei es Geflüchtete besser in die bestehenden Angebote das Regelsysteme zu integrieren und die Interkulturelle Öffnung des Berliner Gesundheitssystems. Dazu sollen bestehende Hürden minimiert werden, damit Geflüchtete die gleiche gesundheitliche Versorgung erhalten wie restliche Bevölkerung.

Allerdings bleiben konkrete Maßnahmen sehr allgemein. Vieles was erwähnt wird gibt es schon. Es ist nicht klar, ob mehr Mittel bereitgestellt werden. Meist wird auf unzureichende Kapazitäten im Regelsystem verwiesen.

Als Probleme werden lange Wartezeiten bei Fach-, Kinderärzt*innen und Psychotherapeut*innen, der Mangel an Hebammen genannt. Sprachbarrieren, mangelnde Kenntnisse des Gesundheitssystems und Schwierigkeiten beim Übergang AsylbLG und SGB genannt. Beratungsstellen wie z.B. Schwangerschaftskonfliktberatung seien sprachlich und interkulturell nicht ausgestattet.

Für einen verbesserten Zugang zum Gesundheitssystem werden bisherige Projekte wie Lotsenprojekte (PEER to PEER, Integrationslots*innen, mehrsprachige Flyer und Broschüren, Apps) , sowie Gesundheitsprogramme von SenIAS (z.B. Personalstellen bei Balance, Lesbenberatung, „Insel“ für chronisch kranke Kinder) aufgezählt. Zukünftig geplant sind Fortbildungen (interkultureller Medizin, Arbeit mit Sprachmittler*innen, Umgang mit Traumata und mit besonders Schutzbedürftigen, asylrechtliche Fragen) für Wohnheimpersonal und med. Fachpersonal, eine Fortbildungsplattform für Akteure im Gesundheitssystem und Fortbildung von Geflüchteten mit beruflicher Vorerfahrung in psychosozialen Berufen zu „Gesundheitslotsen“ für Geflüchtete.

Auch zukünftig wird hier auf Projekte gesetzt wie z.B. die Stärkung und bessere Ausbildung von Gesundheits- und Integrationslots*innen und die Maßnahmen im Rahmenkonzept sollen fortgeführt werden. Es wird erwähnt, dass sie nur notwendig seien bis temporäre Parallelstrukturen in das System der gesundheitlichen Regelstrukur überführt werden können. Dazu soll das Gesundheitssystem „ertüchtiget werden“ Geflüchtete im AslbLG schneller ihren Rechtsanspruch zu gewährleisten. Man wolle auf die Regelsystem Einwirken und Kassenärztliche Vereinigung wegen nicht umfänglich wahrgenommen Versorgungsauftrag.

Anmerkungen: Es ist viel die Rede von Brücken- und Beratungsangeboten in die Regelsysteme Doch das ersetzt keine Behandlung. Viele Probleme entstehen, weil die Regelsysteme selbst überlastet sind und nicht mit Kapazitätserweiterungen reagiert wird. Es gibt zu wenige betreute Wohnplätze für psychisch Kranke oder Drogenabhängige. Andere Beispiele sind Geburtshilfe, Hebammenbetreuung, Pflege und vieles mehr. Auch die Therapieplätze reichen nicht aus und es gibt schon jetzt lange Wartezeiten. Für Geflüchtete gibt es zusätzlich erhöhte Hürden in das überlastete System hineinzukommen. Zudem sind die Regelsysteme auf besondere Bedarfe wie z.B. auf Traumatisierungen durch Krieg, Gewalt und Flucht nicht vorbereitet.

Im Abschnitt Sprach- und Kulturmittlung wird beschrieben, dass der Gemeindedolmetscherdienst (GDD) 2018 Mittel erhalten hat, Qualitätsstandards der Ausbildung verbessert werden soll, die Kassenärztliche Vereinigung 32 Psychotherapeut*innen mit Fremdsprachenkenntnissen zur Versorgung Asylsuchender ermächtigt hat, LAF/ Sozialamt auf Antrag der Ärzte Kosten für Sprach- und Kulturmittelung zahlen. Als weiterer Handlungsbedarf will sich SenGPG im Bund für Optimierung von Leitungsrecht bzgl. muttersprachlicher Angebote für Psychotherapie und Verbesserte Lösung zu Sprachmittlung einsetzen. Ein Modelprojekt des LAF „Internetbasierte Videodolmetscher Sprachmittler“ bei Akuterkrankungen ist in drei Bezirken geplant

Anmerkung: Der Bedarf an Sprachmittlung ist im medizinischen Bereich sehr hoch. Wegen rechtlicher Hürden können Integrationslots*innen und andere Sprachmittler*innen nicht in diesem Bereich tätig werden. Anfragen beim GDD sind nur über die Wohnheime kostenfrei und die Einsätze müssen lange vorher geplant werden. Ob der GDD weitere Mittel für mehr Einsätze und Fortbildungen erhält oder auch Geflüchtete die nicht in LAF Unterkünften leben darauf Zugriff haben bleibt unklar. Die ermächtigten Psychotherapeut*innen sind nicht ausreichend, einige nicht mehr tätig. Sie sprechen mehrheitlich nicht die Sprachen der Geflüchteten.

Das Modellprojekt könnte sinnvoll auch auf andere Bezirke ausgeweitet werden. Wie es genau funktioniert und welche Mittel dafür vorgesehen sind bleibt unklar.

Hinzuzufügen wäre, dass die Regelsysteme unzureichend interkulturell aufgestellt sind. In großen Kliniken muss verstärkt mehrsprachiges Personal eingestellt werden oder zumindest Sprachmittler eingesetzt werden, die fest in die Teams integriert sind. Ärzt*innen und Pfleger*innen müssen interkulturell und für die Arbeit mit Sprachmittlern geschult sein. Die in den Spezialangeboten für Geflüchtete gewonnenen Erfahrungen sollten für die Weiterentwicklung der Regelsysteme genutzt werden.

Im Abschnitt Psychosoziales, Psychiatrie und Sucht heißt es in der Einleitung, dass die hohe Belegungsdichte und lange Verweildauer in den Wohnheimen und Hürden zum Arbeitsmarkt zu einer ungünstigen Lebenssituation für Verarbeitung traumatisierender Erlebnisse und zur Ausbildung und Manifestierung von psychischen Störungen und Substanzkonsum führt.

Auch in der Planbar haben wir darauf hingewiesen, dass prekäre Wohnformen, fehlende Privatsphäre und Selbstbestimmung, Vollverpflegung, Rassismus und Gewalt auch in den Unterkünften, lange Wartezeiten, mangelnder Zugang zu Arbeit, unsichere Zukunftsperspektiven die Menschen krank machen. Sinnvolle Traumatherapie kann nur im sicheren geschützten Umfeld einer eigenen Wohnung sinnvoll durchgeführt werden. Allen Beteiligten muss klar sein, dass schwierige Lebensbedingungen nicht nur psychosoziale Probleme schaffen oder verstärken, sondern Integration verhindern und auch eine deutliche Kostenbelastung des Gesundheitssektors nach sich ziehen.

Als Maßnahmen der Umsetzung sind 24 Vollzeitstellen in bezirkliche Kontakt- und Beratungsstellen geschaffen worden, die Zentrale Psychiatrische Clearingstelle der Charite und Angebote für traumatisierte Personen (Xenion, Zentrum Überleben). In den Bezirken gibt es Stellen zur Alkohol-Drogen und Medikamentenberatung. Ziel sei Integration in das Regelsystem SGB XII.

Es wird erwähnt, dass Psychiatrische Institutsambulanzen und niedergelassene Psychiater und Psychotherapeuten zunehmend auch Geflüchtete zu behandeln. Kritisiert wird, dass die Kapazitäten bei ermächtigten Psychotherapeut*innen nicht alle ausgeschöpft sind und SenGDG Gespräche mit der Kassenärztlichen Vereinigung führen möchte, wo auch auf die Unzureichende Vergabe von Kassensitzen und Ermächtigungen eingegangen werden soll.

Anmerkung: Um den Mangel zu beheben wäre es auch notwendig Leistungen der Eingliederungshilfe für psychisch Beeinträchtigte z.B. Einzelfallhilfe oder betreutes Wohnen zu erbringen (§ 53 ff. SGB XII , § 6 AsylbLG bzw. nach SGB VIII). Wegen des Nebeneinanders der Geburtsdatums- und der Wohnort-Zuständigkeit der Bezirke, gerade auch im Bereich der gesundheitlichen und psychosozialen Betreuung ergeben sich für die Betroffenen hohe Hürden, Reibungsverluste und vernetztes Arbeiten wird verhindert. Abschaffung der Geburtsdatenreglung, klare Anweisung welche Leistungen Bezirke einheitlich bewilligen müssen (z.B. Hilfe nach § 67 u.ä.)

Im Text heißt es zu besonders Schutzbedürftigen, dass das Berliner Netzwerk für besonders Schutzbedürftige (BNS) identifiziert Geflüchtete mit besonderen Bedarfen bei der Aufnahme identifiziert, ihre individuellen Bedarfe ermittelt und Geflüchtete hinsichtlich ihrer Versorgungsansprüche berät (EU RL 2013/33).

Anmerkung: Wir begrüßen das Projekt. Allerdings ist es dem BNS nicht möglich alle schutzbedürftigen zu Identifizieren, geschweige denn zu vermitteln. Das BNS ist bei der Registrierung und im Ankunftszentrum nicht vor Ort. Die Art der Unterbringung in der prekären Notunterkunft des Ankunftszentrums im Tempelhofer Hangar ist menschenunwürdig und für alle Geflüchteten eine Zumutung. Bei Verzögerung der Registrierung erhalten die Menschen zudem keine Leistungen und keinen Zugang zur Gesundheitsversorgung. Das trifft auch besonders Schutzbedürftige. Diese Art der prekären Unterbringung muss sofort beendet werden.

In den Unterkünften gibt es keine diagnostisch geschulten Fachkräfte für Bewohner*innen, die auffällig oder schwierig sind. Das gilt noch verschärft in Hostels. Viele psychisch Kranke und Menschen mit Suchtproblemen werden aufgrund ihres Verhaltens mit Hausverboten belegt und von einer Unterkunft in die andere verlegt. Es fehlen Unterkünfte für vulnerable Menschen, besonders auch für Menschen mit psychischen und/oder Suchtproblemen oder körperlichen

Einschränkungen. Vorschriften, die diese Menschen negativ treffen, sind auf den Prüfstand zu stellen, wie z.B., dass nach 4 Tagen Aufenthalt in einer psychiatrischen Einrichtung der Platz in der

Unterkunft und damit das soziale Umfeld verloren geht.

Handlungsfeld 4 Kinder, Jugendliche, Familien und unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, inklusive vorschulische Bildung sowie Berufsorientierung und – Vorbereitung

4.1-4.5 Allgemein:

Positiv:
– rechtebasiert in der UN Kinderrechtskonvention und SGB VIII, Vorrang des Kinderschutzes
– Orientiert auf den Zugang und die Teilhabe an den Regelsystemen (mindestens im Diskurs) Kritisch:
– Bei allen Aspekten von Jugendhilfe, frühe Förderungen, Familienhilfe, etc. ist nicht berücksichtigt, dass es kaum gelingt, geflüchtete Menschen beim Auszug aus Notunterkünften oder den (fatal!) vorgesehenen stufenweisen Umzug (G1 – G2 – G3) in dem sozialräumlichen Kontext zu halten, in dem sie bereits von entsprechenden Beratungsstrukturen unterstützt werden.

4.1. Frühkindliche Bildung

Positiv:
– Recht auf einen Kitaplatz gilt für alle, auch für Geflüchtete – das wird anerkannt
– Eltern auch geflüchtete Eltern sollen aktiv einbezogen werden, dies wird durch mehrsprachiges Material und elektronische Hilfsmittel vereinfacht
– Recht und Pflicht zu Kita in den letzten 18 Monaten vor der Einschulung wird aufgenommen – die Antwort mit Sprungbrettangeboten ist mehr als suboptimal

Kritisch:
– Das allgemeine Defizit in der Versorgung mit Kitas ist nicht zu leugnen und trifft geflüchtete und nicht-geflüchtete Kinder und ihre Familien, jedoch nicht gleich schwer.
– Kritisch zu bewerten sind noch immer die sogenannten „Brücken-“ oder „Sprungbrettangebote“: Frühe Bildung vor Ort (FBO), separate Angebote frühkindlicher Bildung, häufig in den Flüchtlingsunterkünften selbst, insbesondere aufgrund der Bedeutung des Spracherwerbs (!) werden relativ unkritisch und als Strategie genannt werden. Es ist nicht absehbar, wie die zeitliche Befristung auf ein Jahr eingehalten werden kann. Die Flexibilität der Regelsysteme scheint nicht ausgeschöpft.
– Die Beratungsstelle zu Bildung und Kita wird genannt, es ist aber nicht klar wo sie zu finden sein wird

4.2. Schutz von Kindern und Jugendlichen, einschließlich unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten.

Positiv:
– Kinderschutz wird ernst genommen und in Maßnahmen (Qualifizierung des Personals und von Eltern, personelle und Ausstattungs- Anforderung bei Ausschreibungen, Beschwerdestelle, Empowerment für Kinder und Jugendliche, etc.) umgesetzt.
– Mehr aufsuchende und niedrigschwellige Angebote aufgenommen

Kritisch:
– Der Senat setzt schon ein Programm zum Kinderschutz in den Unterkünften um, das im Arbeitsdokument für die Verwaltung detaillierter dargestellt ist. Es ist daher unverständlich, dass auch, hier keine klaren Zielwerte genannt sind.

Unbegleitete minderjährige Geflüchtete (umG)

Insgesamt scheint die Thematik unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter unterbelichtet. Im Konzept selbst sind sie Teil des Handlungsfeldes 4, und werden als Teil der Gruppe besonders Schutzbedürftiger (F.1.) neben anderen genannt. Das Arbeitsdokument für die Verwaltung und der Anhang thematisiert unbegleitete minderjährige Geflüchtete nur unter den Querschnittsthemen. Das Arbeitsdokument beschreibt lediglich den aktuellen Ablauf. Diese Verschiebung der Systematik kann auch zur Unterbelichtung des Themas beitragen.

Die Anlagen führen in aller Unterschiedlichkeit laufende Projekte auf. Ehrenamtliche Vormundschaften werden nur im Anhang unter Querschnittsthemen (B.2.1) gelistet und fehlen komplett im Konzept, obwohl sie ein wichtiger Baustein zur Versorgung dieser Gruppe sind.

positiv:
– Seit August 2017 erfolgt die Unterbringung der unbegleiteten minderjährigen ausschließlich in regulären Jugendhilfeeinrichtungen. Es wurden Vorkehrungen getroffen, dass das auch so bleibt.

Kritisch:
– Die Re-zentralisierung des Clearingverfahrens ohne Auswertung des laufenden dezentralen Verfahrens, wie kürzlich beschlossen, findet keine Erwähnung
– Ehrenamtliche Vormundschaften (und Patenschaften) für umG sind nur im Anhang aufgeführt, sind aber wichtiges Instrument in der Betreuung und Integration der umG
– Altersschätzungsverfahren (nur in den Anlagen thematisiert) sind nicht adäquat und vereinfacht dargestellt. Die Zahlen scheinen mir nicht korrekt.
– Existierende Beschwerdemechanismen, wie die Berliner Beratungs- und Ombudsstelle Jugendhilfe (BBO) sind viel zu schwer erreichbar und unbekannt für die Jugendlichen
– Vieles was als vage Vorschläge formuliert ist und geprüft werden soll, ist als Bedarf längst erkannt:
o Übergang in die Volljährigkeit ist nicht ausreichend thematisiert und beinhaltet mehr als Unterbringung. Bedarf an Wohngruppen für 18 – 21 (wieso eigentlich nicht 27?) jährige ist längst belegt, muss nicht mehr geprüft werden! Die Forderungen liegen seit Jahren auf dem Tisch, hier Anschlussangebote zu schaffen. Die aktuellen Probleme volljähriger umG, die aus der Jugendhilfe fallen und in Flüchtlingsunterkünfte zurückverwiesen werden, wird nicht als Herausforderung thematisiert
o Übergangsmanagement zwischen Landesjugendamt und bezirklicher Versorgung – ein Dauerbrenner seit Jahren!
o umG-spezifisches Asyl- und Ausländerrechtliches Beratungsangebot ist ein eklatanter Bedarf, der nur halbwegs gedeckt wird durch die Beiträge von NROs und Freiwilligen

4.3 Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit

Positiv:
– Aufsuchende Angebote sind explizit aufgenommen und der Fokus liegt ähnlich wie in der Familienarbeit auf einem integrativen Ansatz, der die Einbeziehung von geflüchteten Jugendlichen in die existierenden Angebote und weniger eigene Angebote für geflüchtete Jugendliche vorsieht.
– Herausforderungen der Kommunikation sind benannt
– Das Arbeitsdokument für die Verwaltung stellt klar, dass Jugendsozialarbeit individuelle, sozial-, schul- und berufspädagogische Hilfen umfasst, das muss nun auch in der Verwaltung ankommen, die bisher viele Anträge vor allem aus dem Bildungsbereich ablehnt
– Straßenjugendsozialarbeit ist aufgenommen und damit auch die geflüchteten Jugendlichen, die von den übrigen Strukturen nicht mehr erreicht werden können.
– Fortbildung der Fachkräfte auch unter Einbeziehung von Mirgant*innenorganisationen

Kritisch:
– Zugang geflüchteter Jugendlicher zu den Angeboten ist nicht ausreichend thematisiert und problematisiert. Bei den Maßnahmen in der Anlage werden laufende Vorhaben aufgelistet, aber kaum strategisch bewertet.

4.4 Familien stärken

Positiv:
– Aufsuchende Angebote sind explizit aufgenommen und der Fokus liegt ähnlich wie in der Jugendarbeit auf einem integrativen Ansatz, der die Einbeziehung von geflüchteten Familien in die existierenden Angebote und weniger eigene Angebote für geflüchtete Familien vorsieht.
– Aufsuchende Elternhilfe ist auch Teil des Kinderschutzes von Anfang an

Kritisch:
– Zugang ist nicht ausreichend problematisiert, Zahlen scheinen zu hoch, insbesondere die der erreichten Familien sind kaum belegt.

4.5. Fort- und Ausbildung pädagogischer FK

Positiv:
– Aufnahme von Antirassismus und Antidiskriminierung, sprachsensibler Qualifizierung
– Zusammenarbeit mit Migrant*innenorganisationen ist aufgenommen.
– Ausbildungsangebot für geflüchtete Pädagog*innen für den Erzieherberuf, einschließlich der finanziellen Förderung durch den Senat, sollte eingehend begleitet, evaluiert und dann ausgebaut werden, auch um den enormen Bedarf an Erzieher*innen in Kitas zu decken
Kritisch:
– Es ist keine wirkliche Strategie sichtbar, wie man die quantitative Dimension der Herausforderung aufgreifen will

Besonders Schutzbedürftige gemäß Artikel 21 der EU-Aufnahmerichtlinie RL 2013/33/EU vom 26. Juni 2013

Positiv:
– „Berliner Modell zur Unterstützung von LSBTI-Geflüchteten“ frühzeitig aufgelegt und fortgesetzt
– Verknüpfungen zwischen den Handlungsfeldern sind für die spezifischen besonders schutzbedürftigen Gruppen durchdekliniert

Kritisch:
– Akteure, die sich mit besonders schutzbedürftigen Geflüchteten-Gruppen befassen, müssen viel frühzeitiger (von Ankunft an) einbezogen werden und die Chance erhalten aktiv die Ankommenden im Ankunftszentrum zu unterstützen und zu beraten.

4.6. Integration in Angebote der formalen Bildung

Alles was hierzu im eigentlichen Gesamtkonzept steht ist nachvollziehbar als Beschreibung der aktuellen Lage und sinnvoll, wo ein Bekenntnis zum Erhalt bzw. zur Fortführung beschrieben wird. Da alle Entscheidungen zur Umsetzung jedoch auf der Ebene der Bezirke fallen bzw. in die Kompetenz der Einzelschule wird das Problem ausgespart, das viele Dinge eben in der angedachten Form nicht immer stattfinden. Sinnvolle Forderungen zum Ausbau z.B. der Bildungsbegleiter (S. 38) bleiben unverbindlich als Absicht stehen, Schritte zur Umsetzung oder Zielzahlen gibt es nicht.

Im Arbeitsdokument werden erforderliche Umsetzungsschritte richtig beschrieben, ihre Umsetzung aber an die im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel personell gebunden. Eine Aussage, ob dies ausreicht wird vermieden, Verstärkungen des Ressourceneinsatzes sind nicht vorgesehen. Damit ist die Erreichung der selbstgesteckten Ziele eher unsicher.

Positiv im Arbeitsdokument ist die inzwischen zwischen den zuständigen Verwaltungen und dem LAF abgeschlossene Vereinbarung, das bei Umzügen Bildungsabbrüche vermieden werden sollen und daher vier Wochen vorher alle erforderlichen Informationen vorliegen müssen, um die Fortsetzung der Bildungsgänge in möglichst den gleichen Schulen zu gewährleisten. Die imStellungnahme Initiativen

Anhang angekündigte Broschüre für Eltern und Multiplikatoren, die am 30.6.2018 bereits fertig sein sollte (S. 92), existiert allerdings noch immer nicht.

Zur Sicherung der im Arbeitsdokument geforderten Integration der Geflüchteten aus Willkommensklassen ins Schulleben fehlt eine verbindliche Kontrollfunktion durch die Schulaufsicht. Das Problem der Nichtumsetzung dieses Ziels an zu vielen Schulen wird auch nicht weiter thematisiert.

4.7 Qualitätsentwicklung im Bereich Unterricht und Förderung

Unsere Forderung nach einer verbindlichen Festschreibung von Standards im „Leitfaden zur Integration von neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen“ wird nicht erfüllt, obwohl man durchaus das Fehlen verbindlicher und bezirksübergreifender Vorgaben beklagt (S. 85 Arbeitsdokument).

Der Ausbau weiterer Fortbildungen und Qualifizierungsmaßnahmen zur Sprachbildung, Interkulturellen Bildung usw. durch das Zentrum für Sprachbildung ist sinnvoll und wurde auch von uns gefordert. Auch die von uns geforderte wiss. Evaluation zur Arbeit in den Willkommensklassen findet endlich statt, allerdings mit einem Start im Dez. 2018 viel zu spät.

Der Problemdruck beim Übergang in den Regelbetrieb wird angesprochen, allerdings fehlen konkrete Maßnahmen, wie dem begegnet werden soll. Hier wäre eine kompetente Schulaufsicht gefordert, die überprüft und zugleich unterstützt durch zusätzliche Hilfsangebote. Dazu gibt es allerdings in keinem der 3 Dokumente konkrete Ansagen.

Ebenso unklar bleibt, wie die 14-16jährigen Jugendlichen mit geringen Schulerfahrungen erfolgreich integriert werden sollen. Dazu werden keine neuen Maßnahmen vorgeschlagen bzw. es fehlen auch Verfahren der prozessbegleitenden Überprüfung der laufenden Projekte.

4.8. Zugang zu Bildung und Teilhabe

Im beschlossenen Gesamtkonzept finden sich nur allgemeine Aussagen was alles schön wäre, wenn es stattfinden würde, aber keine Schritte zur Erreichung der damit verbundenen Ziele. Im Arbeitsdokument wird auf mehreren Seiten dargestellt wie erfolgreich die Ganztagsschule arbeitet, ohne das klar wird, worauf sich diese beschönigende Darstellung bezieht. In der Realität bleiben viele Ganztagsschulziele unerreicht, u.a. auch weil es weder verbindliche Mindeststandards noch eine systematische Überprüfung gibt. Ressortübergreifende Beratungssprechstunden Schule und Kita für Eltern zu fordern ist sinnvoll, es fehlt jedoch ein Umsetzungsvorschlag.

Dass Ferienschulangebote sich an alle richten ist richtig, zugleich sind die Angebote quantitativ nicht ausreichend. Zielzahlen zum Ausbau der Plätze fehlen, es bleibt bei unverbindlichen Absichtserklärungen. Gleiches gilt für das bisher nur in einigen Regionen bestehende System von „Willkommenslotsen“.

4.9. Spracherwerb für Erwachsene

Die in diesem Abschnitt beschriebenen bestehenden Angebote der VHS sind realistisch dargestellt und insgesamt sehr zu unterstützen. Hier leistet das System tatsächlich eine gute Arbeit. Bestehende offene Probleme werden realistisch dargestellt, die abgeleiteten Lösungsansätze sind zielführend und unterstützenswert. Das in Berlin aufgebaute System verdient großes Lob und ist ein wichtiger Baustein für die Integrationsarbeit.

Handlungsfeld 5: Arbeitsmarktintegration, Erwerbsleben und Ausbildung Geflüchteter

Das Ergebnis der Diskussion zum Handlungsfeld 5 zeigt u.E. die Komplexität des Themas auf, stellt die verschiedenen Anforderungen an Beratungsgremien, Institutionen, Verbände, Verwaltungen und Zivilgesellschaft differenziert dar. Wir vermissen aber an einigen Punkten die konkrete Benennung der Player. Die Erkenntnis einer lernenden Flüchtlingspolitik unterstützen wir.

Wir unterstreichen die Notwendigkeit, das Handlungsfeld 5 nicht losgelöst von Unterbringung, Spracherwerb und Asylverfahren zu bearbeiten!
Nicht ausreichend behandelt bleibt u.E. die Frage der erweiterten Jugendhilfe/Aufnahme einer Ausbildung auch für Menschen, die älter als 24 Jahre sind.

Die Möglichkeiten von Erwerbsarbeit für oft jahrelange Phasen bis zum Abschluss von Asylverfahren/bei Ablehnung (und Klage) werden u.E. nicht ausreichend ausgeleuchtet. Es fehlen Handlungsspielräume (im laufenden Verfahren über Meldung bei der Bundesagentur Leistungen aus dem Job Center aufstockend zum LAF Bezug.) Besonders bei dieser Gruppe besteht die große Gefahr von Schwarzarbeit oder Abgleiten in kriminelle Milieus.

Der Umsetzung der formulierten Forderungen/Wünschen kommt entscheidende Bedeutung zu. Die Oberziele, Teilziele und Indikatoren müssen aber differenzierter ausgearbeitet werden.

– Beispiel: die gestiegene Anzahl von Erwerbspersonen, gestiegene Anzahl von Beratungen, gestiegene Anerkennungsverfahren für im Heimatland erworbene Qualifikationen werden als Indikatoren genannt. Aber was ist mit den Zugängen zur Beratung? Sind sie ausreichend bekannt? Niedrigschwellig erreichbar?

– Ist die Zahl der mobilen Jobberater*innen ausreichend/adäquat?
– Was ist mit der Qualifikation der Fachleute in den Beratungsstellen? (Beispiel: manche Berater*innen in Jobcentern werden hoch gelobt, von manchen hört man: „ich muss Sie hier beraten, bin dafür aber nicht geschult, habe keine Ahnung“).
– In den Jobcentern wird oftmals nicht perspektivisch beraten. Zu oft sollen Menschen in prekäre Beschäftigungsverhältnisse vermittelt werden, ohne die Qualifikationen zu berücksichtigen. Hier fehlen Handlungsanweisungen.
– Auf Arbeitgeberseite herrscht große Unsicherheit, welche Beschäftigungsverhältnisse bei welchem Status möglich sind. Hier ist Handlungsbedarf.
– Die Kompetenzen des Teams Asyl der Bundesagentur für Arbeit sind unzureichend. Besonders für Arbeitgeber, die dort registrierte Mitarbeiter dann in den zuständigen Jobcentern für EGZ und andere Förderinstrumente einzeln ansprechen müssen.
– Die Vergaben der Fördermittel im Ermessenspielraum der Sachbearbeiter*innen der Jobcenter sind aus unserer Erfahrung katastrophal. Anreize/Informationen Geflüchtete in Anstellung oder Ausbildung zu nehmen, erreichen die Unternehmen nicht ausreichend.
– Wie lange ist die Testphase für die Zusammenarbeit der existierenden Beratungsstellen geplant? Welche Indikatoren? Welche Zeitvorgaben? Aus unserer Sicht ist hier dringender Handlungsbedarf.
– Den Schnittstellen in der Zusammenarbeit zwischen Politik, Verwaltung, Verbänden, staatlichen und nichtstaatlichen Beratungseinrichtungen kommt eine zentrale Bedeutung zu. Hier fehlen die Kriterien/Indikatoren gänzlich.

Willkommensinitiativen haben durch die Begleitung von Menschen zu Ämtern, durch die Auseinandersetzung nicht nur mit einem Teilbereich der Integration, sondern mit der gesamten Lebenssituation von Geflüchteten, einen breiten Erfahrungsschatz und breites know-how. Diese Erfahrungen werden nicht abgerufen, sind in das Monitoring nicht eingebaut. Hier werden Kapazitäten und Ressourcen verschenkt.

Handlungsfeld 6: Hochschulbildung und Wissenschaft

Vorab erlauben wir uns den erneuten Hinweis, dass die Vernetzung zu allen Lebensbereichen/ Handlungsbereichen unabdingbar ist.
Der angesprochene Runde Tisch hat aus unserer Wahrnehmung als Instrument Priorität und ist unabdingbar.

6.2.2 In der Praxis erleben wir, dass die dezentralen Beratungen für Verwirrung sorgen.

6.2.1 Die Uni Potsdam hat nach unseren Erfahrungen eines der besten integrativen Projekte für Geflüchtete – inklusive des Refuge Teacher Programm – wir empfehlen einen Abgleich mit dem Senat für Bildung.

Wir schließen uns dem Masterplan in Punkto Zulassung für Menschen im laufenden Verfahren an und möchten ergänzend hinzufügen: Die Wartezeiten für C1 Kurse müssen dringend verkürzt werden. Wie im Gesamtkonzept: Der Hochschulzugang für Menschen in laufenden Asylverfahren mit einer positiven Prognose sollte bei der Zulassung berücksichtigt werden.

6.2.4 / 6.3 Wir schließen uns an in der positiven Erwähnung des Senats der Philipp-Schwartz- Initiative der Alexander-von- Humboldt-Stiftung und regen an, den Kreis der Akademischen Einrichtungen pro-aktiv zu erweitern (BIfAW, HWR, American Academy, DAAD, etc.)

Das Duale System als Zugang zur akademischen Karriere bleibt im Gesamtkonzept leider unerwähnt.

Unerwähnt bleibt auch die Option des Hochschulzugangs ohne Abitur. Gerade für Geflüchtete ohne Qualifikationsnachweis ein sinnvolles Instrument.

Das hochschuleigene Auswahlverfahren mit Auswahlgespräch nach Vorbild der Ruhr-Universität halten wir für ein sinnvolles Instrument.

Handlungsfeld 7: Sozialräumliche Integration, Kultur und Sport

Die grundlegenden Zielrichtungen, in den Sozialräumen, in denen Geflüchtete leben, Möglichkeiten der Begegnung zu schaffen und Teilhabe zu ermöglichen, begrüßen und unterstützen wir ausdrücklich.

In der Beschreibung des Ist-Zustandes sowie der Zielsetzungen zeigt sich jedoch wieder eine der zentralen Schwächen der Berliner Politik. Handlungsfelder und Einrichtungen sind mit „Senatsbrille“ beschrieben, es wird abgehoben auf die Senatsprogramme LeNa-Lebendige Nachbarschaft, BENN – Berlin entwickelt neue Nachbarschaft, FEIN-Freiwilliges Engagement in Nachbarschaften. Nicht berücksichtigt sind die Vielzahl bezirklich, durch andere öffentliche Mittel oder privat finanzierte Projekte und lokale Initiativen, die auf freiwilligem Engagement beruhen.

Sozialräumliche Integration ist eine Querschnittsaufgabe und kann nur vor Ort gelingen – dazu braucht es eine Kultur, die eine Vielzahl kleiner lokaler Eigeninitiativen in allen Lebensbereichen ermutigt und unterstützt. Die Senatsprojekte erweisen sich in der Praxis als bürokratisch und für Geflüchtete oder freiwillige Graswurzelbewegungen aufgrund der starken Formalisierung und des Top-Down-Ansatzes nicht zugänglich. Bei den geplanten Maßnahmen wird ebenfalls nicht berücksichtigt, dass sozialräumliche Integration eine Querschnittsaufgabe ist – es braucht nicht nur neue –nachhaltig finanzierte – Räume zur Begegnung, sondern alle Angebote der Regelstruktur müssen sich öffnen.

Der Umsetzung der formulierten Forderungen / Wünschen kommt entscheidende Bedeutung zu. Die Oberziele, Teilziele und Indikatoren müssen aber differenzierter ausgearbeitet werden und über die genannten Senatsprojekte hinaus mit finanziellen Ressourcen ausgestattet werden.
– Geld wird insbesondere benötigt für

– Erweiterungen der Regelstrukturen (KiTas, Schulen auch unter Berücksichtigung der Bedarfe multikultureller Familien)
– Neue Räume der Begegnung
– Ausreichende Sportstätten

– Treffpunkte und Arbeitsplätze wie Hubs und weitere Infrastruktur, die Selbstorganisation ermöglicht
– Interkulturelle Öffnung bestehender Institutionen (z.B. Sprachmittler an Schulen, KiTas, mehrsprachige lokale Infos für Neubürger…)

– Es fehlt die Kritik der bisherigen Verwendung der Mittel (Beispiel BENN, das von oben auf verschiedene Bezirke verteilt wurde und nicht auf vorhandenen Strukturen aufsetzt)
– Die Förderung interkultureller Öffnung in Regelstrukturen darf nicht zur Verdrängung bestehender Angebote führen (Beispiel Nachbarschaftshäuser)

– Die immer wieder kurzfristigen Projektfinanzierungen erschweren den Aufbau nachhaltiger lokaler Vernetzungen, die für die lokale Integration unabdingbar sind.
– Sozialräumliche Integration berücksichtigen bei der Organisation von Flüchtlingswohnen – Vermeidung von Umzügen, Mitspracherecht der Betroffenen

– Aufgrund der Knappheit von Mietwohnungen Flüchtlingsheime neu betrachten – nicht als übergangsweise Unterbringung, sondern als Räume, in denen Menschen zum Teil jahrelang leben werden. Ein Hineinwachsen in die Nachbarschaft ist nur möglich, wenn Grundbedingungen wie Privatsphäre, Besuch etc. ermöglicht werden.

– Klare und sinnvolle Unterstützung bei der Selbstorganisation der neuen Berliner*innen (Hilfe bei Vereinsgründungen, Eröffnung von Bankkonten und mehr)
– Zugang zu Förderungen auch für migrantische Organisationen (im Kulturbereich bereits angedacht, bzw. umgesetzt durch mehrsprachige Ausschreibungen)

– Paternalistischer Umgang mit alter und neuer Zivilgesellschaft (z.B. durch Betonung von Patenschaften im gesamten Konzept, anstatt auf Selbstwirksamkeit in gemeinsam organisierten Aktivitäten zu setzen)
– Im Bereich Sport: Es fehlen andere Formen der Angebote außerhalb traditioneller Sportvereine (Fitnesscenter etc) und Offenheit für andere Sportarten

Handlungsfeld 9: Sicherheit und Demokratieförderung

Wir begrüßen, dass der Senat von Berlin beabsichtigt die Sicherheit der Geflüchteten zu gewährleisten sowie einer Radikalisierung von Geflüchteten mit Projekten und Maßnahmen entgegenzutreten und zusätzlich Projekte zur Demokratieförderung zu verstärken und weiterzuentwickeln.

Was uns hier fehlt, sind Beschreibungen konkreter Maßnahmen und Player.

9.1.3. Systeme zur Meldung und Bearbeitung von Diskriminierungs- und Gewaltvorfällen seinen in Schulen und Jugendämtern etabliert.

Erfahrungen zeigen, dass die meisten Vorfälle nicht angezeigt werden. Dringend benötigt werden vielmehr Vertrauenspersonen, denen sich Betroffene öffnen können, bzw. Vertrauenspersonen, die Zugang zu verschiedenen Bevölkerungsgruppen haben.

Über die Notwendigkeit der Einbeziehung von muslimischen Akteur*innen ist man sich im Klaren. Die Gruppe der Geflüchteten in Berlin jedoch ist heterogen, es gibt nicht nur muslimische Geflüchtete.

Zu 9.2. Radikalisierungs- und Gewaltprävention:

Die hier angesprochenen seit 2015 existierenden Maßnahmen sind zu wenig konkret benannt.
Ist die einzige hier genannte Beratungsstelle „Kompass“ richtet sich hauptsächlich an türkisch und arabisch sprechende Jugendliche, einen Flyer in Englisch, Französisch oder gar Farsi oder Urdu existiert bislang nicht.

Welche Maßnahmen finden statt und sollen fortgeführt werden?
Gelten diese Maßnahmen nur für junge Menschen mit Flüchtlingshintergrund?
Gibt es Maßnahmen für Jugendliche, die schon in zweiter oder dritter Generation hier leben?

Jugendliche, die einen deutschen Hintergrund haben? Gibt es Schulungen für Lehrer*innen, Multiplikator*innen, Akteur*innen der Zivilgesellschaft?

Wird Lehrer*innen genug Freizeit gegeben, um an solchen Schulungen teilzunehmen?

9.3. Demokratieförderung:

Wir begrüßen, dass der Senat Partizipation, Teilhabe, Demokratie und Menschenrechte zur durchgängigen Strukturprinzip aller Angebote für Geflüchtete machen will.
Was uns hier fehlt, sind konkrete Maßnahmen der Demokratieförderung auch für die Aufnahmegesellschaft.

Mit Demokratie verbunden ist Transparenz, Reflexion und Dialog, wir sind gespannt…

Querschnittsthema Ehrenamtliches Engagement

Zu Recht wird das ehrenamtliche Engagement als wesentliches Element der Arbeit mit Gefürchteten erkannt, aber aus unserer Sicht zugleich teilweise falsch eingeschätzt.

Erinnert sei daran, dass nur durch ehrenamtliches Engagement die sog. „Flüchtlingskrise“ 2015 überhaupt von Berlin halbwegs zu stemmen war.

Ehrenamtliche halfen beim rein technischen Aufbau von Unterkünften, organisierten Spenden und deren Ausgabe, waren hieraus und in Folge erste und oft auch einzige Ansprechpartner*innen für die Menschen und gaben ihnen erste Orientierung und auch teilweise bis heute andauernde Begleitung durch das Asylverfahren, dessen Abschluss mit den jeweiligen Folgen, der Wohnungssuche und der Jobberatung und der teilweisen komplexen Begleitung zu Behördenterminen bei BAMF, LAF, ABH und Jobcenter.

Ohne ehrenamtliche Engagement wären die Probleme der Jahre 2015 und 2016 nicht nur im bekannten Maße eskaliert sondern unkontrollierbar geworden.

Eine Forderung waren dann auch hauptamtliche Mitarbeiter*innen in Unterkünften, die es seit Anfang 2016 auch gibt. In vielen Fällen hatten ursprünglich Betreiber ehrenamtliche Tätigkeiten in Unterkünften aus verschiedenen Gründen abgelehnt. Die Etablierung eines EAK und auch der vertraglichen Festlegung der verpflichtenden Zusammenarbeit mit dem Ehrenamt waren Folge von Gesprächen und Verhandlungen insbesondere 2016.

Dass der Stellenschlüssel teilweise unsinnig ist, wenn es bei kleinen Unterkünften mit 50 oder 100 Menschen eine Teilzeit-Stelle mit einem zeitlichen „Gegenwert“ von 4 bzw. 8 Std. in der Woche gibt, ist für jeden offensichtlich.

Zudem sind die Rollendefinitionen auch nach drei Jahren noch unklar. Sehen die einen die Rolle des EAK rein auf das Ehrenamt bezogen, definieren andere die Rolle als die Position, die die im Umfeld angebotenen bzw. vorhandenen Leistungen, Angebote, STZ (???), Sportvereine usw. ermittelt und zusammen mit Ehrenamt koordiniert.

Diese zweite Aufgabe hat in der Vergangenheit massiv an Bedeutung gewonnen, weil ehrenamtliche Tätigkeiten sich inzwischen auch vielfältig außerhalb von Unterkünften abspielen, dann aber nicht mehr so wahrgenommen oder eingebunden werden.
Es fehlen bezogen auf den Zugang zu Unterkünften auch klare bzw einheitliche Regelungen und Vorgaben. Bei gleicher Vertragslage legen Betreiber die Voraussetzungen unterschiedlich aus. Auch individuelle Vereinbarungen als Vorgabe einzelner Betreiber sind oft Voraussetzung, aber dabei unnötig, unzulässig oder viel zu weitgehend. Hier wird auch klar, dass letztlich die Weisungsbefugnis beim jeweiligen Betreiber liegt und Kritik in manchen Fällen gezielt unterbunden wird.

Ein wesentlicher Punkt ist die mangelnde auflagenfreie Finanzierung von den insbesondere seit 2015 entstandenen Strukturen. Natürlich sind in den Bezirken über Masterplanmittel viele Projekte finanziert worden. Eine einheitliche Struktur ist dabei jedoch nicht erkennbar. Vielmehr reicht dies von strukturierter Förderung und auch Etablierung dann ehemals ehrenamtlicher Angebote nun im finanzierten Hauptamt bis hin zu einer „Mikroförderung“ im Bereich bis 1.000 €, je nach Vorstellungen der Bezirke.

Auf Senatsseite zeigt das Jahr 2018, dass auf der einen Seite 1,2 Mio (100.000€ pro Bezirk) für Freiwilligenagenturen bewilligt wurden, was an sich nicht zu kritisieren ist. Dagegen stehen lediglich 50.000€, die senatsseitig für ehrenamtliche Projekte vergeben wurden. Diese Mittel sind

dabei die einzigen, die nicht an die formellen Auflagen wie Gemeinnützigkeit etc. gebunden waren und berlinweit eingesetzt werden konnten. Mittel der Bezirke hatten logischerweise immer den jeweiligen Bezirk als Hauptaugenmerk. In Folge dessen sind die Angebote jedoch fast durchgängig auch bezirksspezifisch und bezirksgebunden.

Hier herrscht ein massives Missverhältnis, was noch deutlicher daran wird, dass sicherlich 90% des seit 2015 entstandenen ehrenamtlichen Engagements nichts mit Angeboten und Strukturen von Freiwilligenagenturen zu tun haben.

Die Forderung, die berlinweiten Mittel deutlich auszubauen, bleibt unverändert im Raum. Gleiches gilt auch für die Forderungen aus dem Masterplan 2016, einen berlinweit gültigen Helferausweis zu schaffen und jeweils individuelle und teilweise sehr restriktive Regelungen einzelner Betreiber, die ohne Berücksichtigung der Vorgaben vom LAF sind, damit auszuhebeln.

Gleiches gilt für das Haus des Engagements, das seinerzeit einem Prüfauftrag unterlag, dessen Ergebnis jedoch nie verkündet wurde. Eine zentrale Anlaufstelle für bestimmte Beratungs- und Schulungsangebote fehlt unverändert, selbst wenn einzelne Bezirke wie benannt konkrete gute Angebote unterhalten.

Grundsätzlich lässt sich der Eindruck, dass Ehrenamt im Bereich Geflüchtete trotz anerkannter und unbestrittener Leistungen seit 2015 bis heute weiter auf einem „Nebengleis“ fährt, nicht ausräumen. Die vorrangige und fast ausschließliche Förderung bereits bestehender Strukturen lässt sich weder leugnen noch ist sie in Anerkennung der tatsächlichen Umstände wirklich hilfreich.

Auch die weitgehende Vernachlässigung gegenüber den Wissensressourcen der ehrenamtlich Engagierten bleibt zu kritisieren. Das bis heute hohe ehrenamtliche Engagement im Bereich der Flüchtlingshilfe spiegelt tätige und verantwortungsvolle Bürgergesellschaft und fordert eine neue Auseinandersetzung zur Diskussion über das Spannungsverhältnis Staat / Gesellschaft bzw. über deren Zusammenarbeit.

Inhaltliche Bearbeitung

Anne-Marie Braun (Schöneberg hilft)

Diana Henniges (Moabit hilft)
Amei von Hülsen-Poensgen (Willkommen im Westend) Felicitas Karimi (Willkommen im Westend) Hans-Jürgen Kuhn (Schöneberg hilft)
Christian Lüder (Berlin hilft)
Uschi Nix (weltweit-berlin)
Dr. Sabine Speiser (Willkommen im Westend)
Andreas Tölke (be an angel)

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Gesamtkonzept Stellungnahme Initiativen 17.12.2018

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