Von mehreren Behörden und Verwaltungen wird mit der “guten Bleibeperspektive” oder ihrem Fehlen zugunsten oder zu Ungunsten eines geflüchteten Menschen argumentiert, ohne, dass dieser Begriff wirklich eine tatsächliche rechtliche Definition besitzt oder Bedeutung hat.
Vor kurzem hat bereits das VG Ansbach in einem Fall zur Ablehnung eines Integrationskurs-Antrages zugunsten eines Geflüchteten geurteilt. In diesem Fall ging es zwar “nur” um die Bewilligung der Prozesskostenhilfe und nicht die Entscheidung der Hauptsache, aber dennoch war schon dieses Urteil wegweisend.
Jetzt hat auch das SG Potsdam ein ähnliches Urteil gefällt, dem allerdings ein ganz anderer Sachverhalt zugrund liegt. In diesem Fall geht es um die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe für einen Geflüchteten, der noch im Asylverfahren ist und angeblich nicht über diese “gute Bleibeperspektive” verfüge.
Auch hier geht es zunächst nur um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Dennoch lag hier nach der Entscheidung des Gerichts schon tatsächlich eine Entscheidung in der Hautsache zugrunde:
In diesem Zusammenhang ist das Gericht verpflichtet, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern im Rahmen des im einstweiligen Rechtsschutzverfahren Möglichen abschließend zu prüfen, besonders wenn das einstweilige Verfahren im Wesentlichen oder vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und einem Beteiligten eine endgültige Grundrechtsbeeinträchtigung droht, wie dies im Streit um laufende Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende regelmäßig der Fall ist, da der elementare Lebensbedarf für die kaum je absehbare Dauer des Hauptsacheverfahrens bei ablehnender Entscheidung nicht gedeckt ist.
Innerhalb des Beschlusses folgt das Gericht vollständig der Klägerin:
Das Gericht folgt grundsätzlich den Ausführungen der Antragsgegnerin im Widerspruchsbescheid vom 07.02.2017, soweit diese auf die Regelungen des § 56, 59, § 132 SGB III und § 8 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes verweist.
Die daraus gezogene Schlussfolgerung mit der Folge der Ablehnung der Berufsausbildungsbeihilfe ist weder durch die genannten Regelungen noch die dazu zu beachtenden Regelungen des Aufenthaltsgesetzes gedeckt.
Das Gericht macht sich hier ausdrücklich die Argumentation der Bevollmächtigen des Antragstellers zu eigen. Danach ist der Aufenthalt des Antragstellers seit dem 17.02.2015, also seit mehr als 15 Monaten zum einen gestattet und zum anderen ist auch zukünftig ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten .
Dies insbesondere unter Beachtung des § 60a Abs. 2 Satz 4 Aufenthaltsgesetz, wonach eine Duldung wegen dringender persönlicher Gründe im Sinne des Satzes 3 zu erteilen ist, wenn der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatliche anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland aufnimmt oder aufgenommen hat.
Der Antragsteller absolviert seit dem 01.09.2016 die hier in Rede stehende Ausbildung. (….) Dies voraussichtlich für die Dauer von 42 Monaten und darüber hinaus ist eine Aufenthaltserlaubnis für die Dauer von 2 Jahren nach erfolgreichem Abschluss dieser Berufsausbildung für eine der erworbenen beruflichen Qualifikation entsprechenden Beschäftigung zu erteilen (§ 18a Abs. 1a Aufenthaltsgesetz).
Deutlicher kann man kaum urteilen.
Wichtig ist insofern, dass das Gericht im konkreten Fall die Bleibeperspektive schon aus dem Umstand anerkennt, dass eine Ausbildung bereits begonnen wurde und dies über die Ausbildungsduldung nach § 60a AufenthG zu einem entsprechend gesicherten Aufenthalt führe.
Zudem stellt das Gericht fest, dass die entscheidenden Paragraphen § 59 Abs. 1 bis 3 SGB III und § 132 SGB III keinen Schluß oder Bezug auf eine “gute Bleibeperspektive besitzen.
Download:
Sozialgericht Potsdam Aktenzeichen S 6 AL 13/17 ER vom 29.3.2017
mitgeteilt von www.ggua.de