Seit über einem Jahr verbreitet die SPD entrüstet, sie hätte sich von der Union über den Tisch ziehen lassen, als es um den Familiennachzug und dessen Aussetzung bis 2018 für subsidiär Geschützte ging. Nur 170 Fälle wären damals die Grundlage gewesen. Zudem wäre immer eine Härtefallregelung in Aussicht gestellt worden. Soweit die Story.
Nun gut, glauben wir das einfach einmal. Nun kam „Rakete“ Schulz. Es gab Forderungen der SPD, diese Aussetzung zu beenden. Man überlege sogar, den Gesetzesentwürfen der Grünen und Linken zu folgen und somit gegen die eigene Koalition zu stimmen. Jetzt, noch vor der Wahl. Mindestens wäre es an der Zeit, diese Härtefall-Regelung jetzt besser zu nutzen und mit Leben zu erfüllen.
Soweit der Tiger-Sprung. der belandete Teppich liest sich wie folgt:
Im Einvernehmen zwischen dem Auswärtigen Amt und dem BMI wird die Härtefallklausel in § 22 Aufenthaltsgesetz in Einzelfällen unter besonderer Berücksichtigung der Kinderrechtskonvention genutzt.
(Quelle: Ergebnispapier des Koalitionsausschusses vom 29.03.2017)
Das ist das einzige Ergebnis des Koalitionsausschusses zum Familiennachzug. Das ist in etwa so gleichbedeutend wie „Morgen geht die Sonne auf“.
Hierzu noch ergänzend das folgende Statement des Auswärtigen Amtes (SPD, für die, die unsicher sind) in der am 20.03. erfolgten Anhörung des Bundestages dazu:
Eine Aufnahme nach § 22 Satz 1 AufenthG kommt nach den Verwaltungsvorschriften allein in Fällen einer humanitären Notlage in Betracht, die sich von den Lebensumständen im Aufenthaltsland deutlich abhebt und aus der eine dringende Gefahr für Leib und Leben des Betroffenen folgt. Die konkrete Situation der aufzunehmenden Person muss sich dabei als „singuläres Einzelschicksal“ darstellen, das sich von vergleichbaren Situationen durch die Intensität und den Grad der Gefährdung unterscheidet. Die Aufnahme aus humanitären Gründen setzt darüber hinaus u. a. voraus, dass ein besonders enger Bezug zu Deutschland und ggfs. Anknüpfungspunkte an ein bestimmtes Bundesland in Deutschland, z. B. durch dort lebende Familienangehörige oder frühere Aufenthalte in Deutschland, gegeben sind.
Dies ist letztlich das Zitieren und Zusammenfassen aller Gesetzes-Kommentare zu § 22 AufenthG, die man auch schon die letzten Jahre hätte nachlesen können. Diese ablehnende Feststellung trifft im übrigen wie gesagt auch ein SPD-Ressort.
Fakt: Die SPD hat nichts eingebracht oder gar umgesetzt. Im Gegenteil: Man hat sich auf etwas verständigt, was längst Beschlusslage ist.
Die SPD hat zumindest im Moment keinerlei Meinung oder gar Deutungshoheit, was Asylpolitik betrifft, Sie hat auch nichts weiter selbst in die Koalitionsgespräche eingebracht, sondern läuft unverändert dem „Maß aller Dinge“ hinterher: Einer Union, die sich deutlich mehr nach rechts aufstellt, die jede Willkommenspolitik kassiert und damit auch erst einmal – und auch nur in dieser Hinsicht – insofern Recht hat, wenn die AfD gerade auf deutlich unter zweistellig einbricht.
Nur: Was genau bedeutet das? Es bedeutet nichts anderes, als dass es keinen Glauben der SPD an eine wirklichen Politikwechsel gibt denn sie geht den Weg der großen Koalition weiter und stellt nichts zur Disposition. Es bedeutet auch, dass wir in diesem Jahr mit großer Wahrscheinlichkeit nur noch Verschärfungen der gesetzlichen Regelungen erfahren dürften.
Wir bekommen eine ebenso sinnlose Fussfessel wie eine grundsätzliche erneute generelle Verschärfung des Asylrechts, die real nichts bringen wird. Wir bekommen keine Erleichterungen des Nachzuges, die menschlich und integrativ nötig und auch nur schlicht logisch wären.
An wenigen Einzelfällen hängen wir neue Gesetze auf, als ob es sich um Falschparker, blinkerlose Rechtsabbieger und ähnliche Massenphänomene handelte. Nicht von alledem ist juristisch oder auch nur durch Fallzahlen begründet. In Niedersachsen zeigen gerade zwei Fälle, dass die angeblich bei Amri nicht mögliche Abschiebehaft eben doch umsetzbar ist.
Es ist der ebenso gleiche blanke Populismus wie der, den wir alle von Rechts beklagen. Es ist der Vollzug des „Rechts von der Union ist kein Platz“ des FJS unter der stillschweigenden Beobachtung der SPD.
Und die SPD selbst? Sie steht immer noch jubelnd und beSchulzt daneben, aber merkt nicht, dass sie gerade alles verliert: Insbesondere den eigenen Standpunkt. So wird das in jedem Fall nichts. Ohne Standpunkt und reale Forderungen ist jede Politik nur die heisse Luft des aufgeblasenen Teekessels unter ihr.
Berauscht Euch nicht, berauscht uns nicht, tut was.