AFD will alle abgelehnten Asylbewerber wegsperren

 

 

Offenbar öffentlich bisher fast unbeachtet, hat die AFD einen Antrag ins Abgeordnetenhaus eingebracht, der dazu auffordert, alle abgelehnten Asylbewerber pauschal in Abschiebehaft zu nehmen. Dabei schließt die AFD Minderjährige ausdrücklich mit ein.

 

Der Senat von Berlin wird aufgefordert, für das Land Berlin gemäß geltenden Bundesrechts alle vollziehbar ausreisepflichtigen Personen bis zu 18 Monate in Abschiebungshaft zu nehmen bzw. die Maßnahmen einzuleiten, die eine Umsetzung der Rechtslage in Berlin ermöglichen.

Auszug aus AfD-Antrag 18/0613 AGH Berlin

 

Begründet wird dies von der AfD mit der erhöhten Gefährdungssituation in Berlin. Dass diese auch von Familien und Kindern ausgeht, ist dabei jedoch neu.

Sollte diese eine  Inhaftierung einzelner Personen noch rechtfertigen, ist die komplette Inhaftierung aller Menschen mit abgelehntem Asylantrag in jeder Hinsicht eine schäbige und populistische Idee.

Ein Blick in das im Antrag zitierte Gesetz und den konkreten § 62 AufenthG hätte schon in der ersten Zeile auch dem verstörtesten Populisten helfen können, wenn man den folgenden Absatz 1 betrachtet hätte:

 

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes, ebenfalls ausreichendes anderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

 

Offenbar ist es jedoch zu viel verlangt, sich mit einem Gesetz, das man mühsam zitiert, auch noch auseinanderzusetzen.

In der Begründung sagt die AFD:

Gemäß § 58a Abs. 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde gegen einen Ausländer auf Grund einer auf Tatsachen gestützten Prognose zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ohne vorhergehende Ausweisung eine Abschiebungsanordnung erlassen.

Offenbar hat diese Partei erkennbar wer Lust noch Muße, sich mit dem Inhalt von Gesetzen wirklich auseinanderzusetzen. Eine auf Tatsachen gestützt Prognose einer besonderen oder terroristischen Gefahr ist nun mal etwas anderes, als die pauschale Vorverurteilung ALLER Menschen, die man damit als Terroristen brandmarkt. Selbst Kinder schließt man selbstverständlich mit ein.

Der Antrag an sich ist schon traurig genug, zeigt er doch letztlich wieder nur einen plumpen populistischen Rassismus, der durch nichts gerechtfertigt ist. Dazu mißbraucht man schreckliche Anschläge wie auch den am Breitscheidplatz vor einem Jahr für eigene Zwecke.

Dass die Gesetzeslage zur Abschiebehaft eine ganz andere ist, als eine solch schlichte wie vorgetragen, ist dabei noch viel schlimmer. Auch an dieser Stelle hätte ein simpler Blick in die beiden zitierten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes geholfen, um auf den ersten Blick zu erkennen, dass sie nicht einmal ansatzweise die allgemeine Rechtslage betreffen, sondern eine sehr spezielle:

 

Für eine auf Tatsachen gestützte Gefahrenprognose im Sinne des § 58a Abs. 1 Satz 1 AufenthG bedarf es keiner konkreten Gefahr im Sinne des Polizeirechts, vielmehr genügt auf der Grundlage einer hinreichend zuverlässigen Tatsachengrundlage eine vom Ausländer ausgehende Bedrohungssituation im Sinne eines beachtlichen Risikos, das sich jederzeit aktualisieren und in eine konkrete Gefahr umschlagen kann.

Beschluss vom 13. 7. 2017 – 1 VR 3.17

 

In Fällen, in denen sich eine Person in hohem Maße und seit längerem mit einer militanten, gewaltbereiten Auslegung des Islam identifiziert, den Einsatz von Gewalt zur Durchsetzung dieser radikal-islamistischen Auffassung für gerechtfertigt und die Teilnahme am sogenannten Jihad als verpflichtend ansieht, kann ein beachtliches Risiko vorliegen, dass diese Person einen terroristischen Anschlag verübt.

Beschluss vom 30.8.2017 – 1 VR 5.17

 

Beide Entscheidungen beschäftigen sich explizit mit terroristischer Gefährdung oder grundsätzlicher erheblicher Bedrohung. Das geht nicht von ALLEN ablehnten Asylantragstellern aus, nicht mal von einer Minderheit, sondern nur von sehr wenigen Einzelfällen. Hier wird dem unbedarften Leser durch Hinwerfen von aus dem Zusammenhang gerissenen Zeilen suggeriert, dass es 1. generelle Gesetzeslage wäre, alle abgelehnten Asylbewerber wegzusperren und 2. unterstellt, dass von diesen ALLEN eine erhebliche Gefahr ausginge.

Nichts davon stimmt und ist der Fall. 

Wenn sich auch in der AfD vorhandene intelligente Menschen damit vor einen populistischen, rassistischen und dumpfen Karren spannen lassen, ist es nur noch trauriger. Bei allem Dissens in der Sache ist ein solcher Antrag nur Eines: In jeder Hinsicht unwürdig.

 

Link zum Antrag

Link zur behandelnden Sitzung im Abgeordnetenhaus 

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