Notunterkunft Daimler- & Großbeerenstraße werden geschlossen, aber nicht als Gemeinschaftsunterkunft eröffnet: Betreiber fehlen





 

Mit der Daimlerstraße und der Großbeerenstraße werden zwei Notunterkünfte aufgelöst und die Daimlertraße damit auch geschlossen. Die Menschen ziehen in eine Gemeinschaftsunterkunft, die Tempohomes auf dem Tempelhofer Feld, können dort nun kochen und haben abgeschlossene Räume. Wenn hier die Meldung enden würde, wäre alles gut.

 

Konkreter Freizugsplan

Die Daimlerstraße wurde am 13 und 14.03. geräumt, die Großbeerenstraße in den Tagen danach. Die Bewohner beider Unterkünfte ziehen nun in die GU Tempelhofer Feld. Dabei ziehen aus der Daimlerstraße rd. 35 Schulkinder und rd. 15 Kita-Kinder um, die vor Ort bisher bereits Plätze hatten, nun am Tempelhofer Feld aber bekanntermaßen weder beschult werden können noch Kita-Plätze vorhanden sind.

Für manche Kinder verbessert sich der Schulweg durch den Umzug, für die anderen wird es einen Shuttle geben. Für alle BewohnerInnen gibt es ein Angebot zum Rückzug in die dann eröffnete Gemeinschaftsunterkunft Großbeerenstraße.

 

Großbeerenstraße als Gemeinschaftsunterkunft fertig?

Die Notunterkunft Großbeerenstraße soll später wieder als Gemeinschaftsunterkunft genutzt werden. Genannt wird ca. August oder September.

Nun stellt sich heraus, dass die Umbaumaßnahmen zur Gemeinschaftsunterkunft offenbar zwischenzeitlich schon abgeschlossen wurden. Was noch fehlt, ist die Erstausstattung, also die Möblierung mit Betten, Tischen, Schränken etc, die das LAF durchführt. Bisher erfolgte dies immer innerhalb von rd. vier Wochen und könnte entweder mit der ohnehin schon reduzierten Belegung parallel erfolgen oder nach Freizug im leeren Zustand. Nun soll dies rd. 5-6 Monate dauern.

Damit wäre eigentlich der Weg frei, um die Daimlerstraße aufzulösen und die Menschen in die dann als Gemeinschaftsunterkunft neu entstandene Großbeerenstraße umzuziehen. Damit würde nicht nur ein Umzug im Bezirk erfolgen, sondern auch ein Verbleib im direkten Umfeld gesichert sein. Insbesondere der Bezirk Tempelhof-Schönberg setzte sich für diese Lösung ein.

 

Ausschreibungen hängen, Betreiber fehlt

Es gibt jedoch noch ein zweites Problem: Es fehlt eine neue Ausschreibungsrunde für Betreiberleistungen. Da man aus vergaberechtlichen Gründen offenbar davor zurückschreckt, die Großbneerenstraße auch formell als Gemeinschaftsunterkunft neu zu eröffnen, aber den Betrieb für wenige Monate beim alten Betreiber zu belassen, wird die Unterkunft für einige Monate geschlossen und setzt die o.g. Umzüge in Gang.

Die dritte Runde der Ausschreibungen ist seit fast 4 Monaten überfällig, zumindest war sie ursprünglich schon für Dezember 2017 angekündigt. Hier hätte auch die Großbeerenstraße dabei sein müssen. Zum Start einer neuen Vergabe wird nun immer noch der März genannt. Wenn tatsächlich noch im März eine Ausschreibung für diese wie auch weitere Unterkünfte veröffentlicht würde, ist jedoch eine tatsächliche Vergabe jedoch erst im August zu erwarten. Die letzte Ausschreibung hatte zumindest diese Zeitabläufe.

 

Wer schreibt eigentlich jetzt aus?

Noch unter dem Vorgängersenat wurde eine externe Anwaltskanzlei mit Vorbereitung und Durchführung der Vergabeverfahren beauftragt. Nach dem letzten Stand sollte das LAF dies nun inzwischen selbst übernehmen.

Warum es hier zu den erwähnten Verzögerungen kommt, ist unklar. In jedem Fall sind jedoch die Ausschreibungsverfahren für drei Unterkünfte notwendig, bei denen die Ausschreibung in der letzten Runde wieder aufgehoben wurden und die nun überfällig sind. Dazu kommt nun mit der Großbeerenstraße eine vierte.

Für weitere vier Unterkünfte aus der ehemaligen Interimsvergabe fehlen die Anschlussvergaben. Und dazu werden in den nächsten Wochen und Monaten noch weitere Unterkünfte fertig, die bisher ebenfalls nicht ausgeschrieben wurden.

Realistisch laufen wir deshalb offenbar bei einigen Unterkünften wieder Gefahr, dass trotz vieler Verspätungen eine Bezugsfertigkeit erreicht wird, aber noch kein Betreiber ausgewählt werden konnte. Die Großbeerenstraße ist dafür jedenfalls ein Beispiel.

Für einige andere Unterkünfte wurden bei solchen Verzögerungen bestehende Betreiberverträge einfach um ein paar Monate verlängert. Hier geht dies offenbar nicht. Die Frage ist nur, warum eigentlich nicht?

 

Daimlerstraße als Gemeinschaftsunterkunft gescheitert. Kosten laufen weiter

Bei der Daimlerstraße, einem ursprünglich als Hotel geplanten Komplex in mehreren Bauteilen, zeichnet sich seit längerem ab, dass der Umbau in eine Gemeinschaftsunterkunft aufgrund der schwierigen Verhältnisse zum Eigentümer nicht mehr funktionieren würde. Zugesagte Baumaßnahmen und Mängelbeseitigungen, die der Eigentümer hätte erbringen müssen, wurden schlicht nicht durchgeführt.

Die Fertigstellung einiger Maßnahmen zum Brandschutz sind ebenfalls zum Teil überfällig. Dennoch ist die Unterkunft de facto betriebsfähig, weil fehlende Brandschutzmaßnahmen wie in vielen anderen Unterkünften ebenso durch das Stellen von Brandwachen ersetzt wurden. Dies kann also zunächst nicht der wirkliche Schließungsgrund sein.

Jetzt wurde das Projekt GU Daimlerstraße endgültig beerdigt. Zudem hat man sich offenbar jetzt auf eine „spontane“ Schließung verständigt. Dem Betreiber wurde ohne weiteren Vorlauf am 28.02. zu Ende März gekündigt. Gleiches ist auch in der Großbeerenstraße abgelaufen. Abwicklungsvereinbarungen schaffen hier zwar noch Lösungen, aber dennoch gab es offenbar in beiden Fällen keine wirklichen Vorabstimmungen dazu,

Der Vertrag mit dem Eigentümer der Daimlerstraße läuft noch bis 2020. Vertragspartner zum Eigentümer ist wie üblich die Berliner Immobilienmanagement (BIM). Die BIM vermietet dann die Unterkunft weiter an das LAF, das wiederum einen Betreiber mit dem tatsächlichen Betrieb beauftragt.

Bisher hat man offenbar seitens der BIM scheinbar kaum bis gar nicht die zahlreichen Möglichkeiten zur Mietminderung aufgrund von Mängeln genutzt, die der dortige Betreiber dokumentiert und auch kommuniziert hat. Anlässe, Gelegenheiten und Gründe hätte es sicher genug gegeben, um damit auch Druck auf den Eigentümer auszuüben,Mängel zu beseitigen.

Passiert ist gegenüber dem Eigentümer scheinbar wenig. Dass die BIM scheinbar auch an einigen Stellen überfordert ist, stellen wir bei den zeitlichen Abläufen zur Fertigstellung der Unterkünfte fest. Nun gibt es zudem offenbar auch Mängel im Vertragsmanagement.

Der vertraglichen Kette folgend, hätte das LAF seinerseits gegenüber der BIM als ihrer Vertragspartnerin schon massive Mietminderungen geltend machen müssen. Die BIM wiederum hätte dies auch gegenüber dem Eigentümer tun können und müssen. Auch die sicher deutlichen Kosten für das Stellen von Brandwachen als Ersatz für nicht komplett funktionierende Brandschutzmaßnahmen könnten vom LAF an die BIM und von dieser an den Eigentümer weitergegeben werden. Was den Eigentümer letztlich zu seinem Verhalten motiviert, ist unklar.

 

Fertige Gemeinschaftsunterkunft bliebt ungenutzt

Es ist verständlich, dass man irgendwann entscheiden mußte, dass der Umbau in eine GU nicht mehr möglich ist und Sinn macht. Unverständlich ist dabei jedoch, dass nun eine fertige Gemeinschaftsunterkunft für rd. sechs Monate geschlossen werden soll, statt sie jetzt bereits zu nutzen. Schul- und Kita-Plätze würden weiter behalten und ohne Shuttle und Rückzugsangebot an die Bewohner bei Wiedereröffnung genutzt werden können. Zudem blieben die Menschen nicht nur im Bezirk, sondern auch im engen Sozialraum.

Diese Lösung wäre allemal besser als ein Umzug ins schulische Nirvana Tempelhofer Feld, bei dem es bekanntermaßen kaum eine Chance auf Beschulung und Kitas gibt, selbst wenn die beteiligten Bezirke an diesem Thema arbeiten.

 

Tempelhofer Feld: Teuer und nur kurz in Betrieb

Nicht hinter vorgehaltener Hand, sondern relativ offen wird kommuniziert, dass die unverhältnismäßig teuren Tempohomes auf dem Tempelhofer Feld belegt werden müssen, um deren Kosten in Bau und Betrieb zu rechtfertigen. Insbesondere die Senatsverwaltung für Finanzen soll hier Druck gemacht haben, die Belegung zu forcieren und Kosten an anderer Stelle zu reduzieren. Nach Start im Dezember mit noch nicht voller Kapazität sind nun im Moment rd. 500 Plätze frei, nachdem vor rd. 14 Tagen alle rd. 1.000 Plätze baulich fertiggestellt wurden.

Scheinbar sollen diese 500 Plätze nun dringend gefüllt werden, um der bekanntermaßen überdurchschnittlich teuren Unterkunft mit unterdurchschnittlich langer Laufzeit von nur gut 1,5 Jahren schnell den Eindruck einer doch sinnvollen Investition zu geben. Die Tempohomes auf dem Tempelhofer Feld, ein Projekt des Rot-schwarzen Senats, sind allgemein unbeliebt und immer in der Kritik.

Nachdem die Vergabe der Betreiberleistungen zuerst aufgrund fehlender Beteiligung scheiterte und aufgehoben werden musste, erfolgte dann die Vergabe ohne Teilnahmewettbewerb(VOT). Hierbei konnten im Vergleich zur ursprünglichen Ausschreibung auch Nachbesserungen z.B. beim Personalschlüssel vorgenommen werden. Dies war der Hauptkritikpunkt aller Betreiber im Verfahren. Hieraus resultieren jedenfalls nochmals erhöhte Kosten im Vergleich zu anderen Tempohomes.

Gleichzeitig spart man sich die Kosten für die Betreiber der beiden Notunterkünfte und die in Notunterkünften naturgemäß deutlich höheren Betriebs-Kosten, die z.B. auch durch das Catering entstehen.

Ob und welche dieser Möglichkeiten tatsächlich den Ausschlag gaben, ist nicht endgültig klärbar. Dass finanzielle Überlegungen und zu hohe Kosten eine Rolle gespielt haben und zudem das Image des überteuerten nur kurzzeitigen Unterkunft auf dem Tempelhofer Feld Einfluss hatte, ist jedoch unbestritten.

Nun ist gegen eingespartes Geld dann nichts einzuwenden, wenn man es tatsächlich auch einsparen kann. Einerseits scheint dies schon während der Betriebsphase der Daimlerstraße jedoch nicht konsequent befolgt worden zu sein. Zudem lässt man nun offenbar eine fertige Gemeinschaftsunterkunft ungenutzt, was nicht nur Geld kostet, sondern auch den Freizug weiterer Notunterkünfte ermöglicht und damit viel höhere Einsparungen ermöglicht hätte.

 

Und auch BENN ist nicht FEIN dabei

Ein weiterer Aspekt hingegen spielt nun auch noch eine Rolle: Von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen wurde ein Programm namens BENN (Berlin entwickelt neue Nachbarschaften) aufgelegt, das mit immerhin 16,8 Mio € bis 2021 ausgestattet ist. Hierzu wurden und werden  insgesamt 20 BENN-Büros eröffnet, die sich speziell um die nachbarschaftliche Entwicklung rund um Flüchtlingsunterkünfte kümmern sollen.

Das BENN-Büro Marienfelde sollte sich auch um die Daimlerstraße kümmern und startete im Spätsommer 2017. Von den zu betreuenden Standorten war dies einvernehmlich als der Schwierigste ausgemacht und dieser extra in die Planung einbezogen worden. Nun entfällt der Standort, obwohl das BENN-Projekt auf drei Jahre ausgelegt ist. Die Großbeerenstraße wurde in die Planung gar nicht einbezogen.

Zusätzlich hat die gleiche Senatsverwaltung für 2018 gerade sog. FEIN-Mittel (Freiwilliges Engagement in Nachbarschaften) bewilligt: Für die Großbeerenstraße, die nun erst einmal geschlossen ist.

 

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