BVerfG verlangt bei Überstellung nach Dublin III Überprüfung der Verhältnisse vor Ort

 

 

Das Bundesverfassungsgericht urteilte im Falle eines Syrers, der bereits in Griechenland als Flüchtling anerkannt wurde. Dieser hatte gegen die Überstellung nach Griechenland Eilrechtsschutz beantragt und war dabei zunächst unterlegen.

Nach Dublin III können Menschen, die bereits in einem anderen Mitgliedsland anerkannt wurden, hier keinen neuen Asylantrag stellen und werden i.d.R. in dieses Land zurückgeschickt.

Das Verfassungsgericht definierte in dieser Entscheidung nun wesentliche Anforderungen an die Prüfung der Behörden vor Anordnung einer Rücküberstellung.

 

Die fachgerichtliche Beurteilung der Aufnahmebedingungen in einem Drittstaat muss, jedenfalls wenn Anhaltspunkte für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vorliegen und damit der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens erschüttert ist, auf einer hinreichend verlässlichen, auch ihrem Umfang nach zureichenden tatsächlichen Grundlage beruhen.

 

Da dies offensichtlich nicht erfolgt war, wurde dem Antrag nun stattgegeben und Eilrechtsschutz gewährt.

Das Gericht räumt für die Prüfung dieser Frage sogar verfassungsrechtliches Gewicht ein und fordert eine Sachaufklärung zur Beurteilung der Aufnahmebedingungen.

In Fällen, in denen es um die Beurteilung der Aufnahmebedingungen in einem Drittstaat als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung geht, kommt der verfahrensrechtlichen Sachaufklärungspflicht verfassungsrechtliches Gewicht zu. Die fachgerichtliche Beurteilung dieser Frage muss, jedenfalls wenn Anhaltspunkte für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vorliegen, auf einer hinreichend verlässlichen, auch ihrem Umfang nach zureichenden tatsächlichen Grundlage beruhen. Dabei kann es geboten sein, dass sich die zuständigen Behörden und Gerichte vor einer Rückführung in den Drittstaat über die dortigen Verhältnisse informieren und gegebenenfalls Zusicherungen der zuständigen Behörden einholen.

 

Damit sind solche Prüfungen nun auch für alle Fälle verbindlich, in denen es um eine Rücküberstellung in ein Drittland geht. Das Gericht verlangt hierzu eine konkrete Prüfung der Bedingungen vor Ort und ggfls. ausdrückliche Zusicherungen des aufnehmenden Staates.

 

Es hätte daher im vorliegenden Einzelfall weiterer Feststellungen dazu bedurft, ob und wie für nach Griechenland zurückgeführte anerkannt Schutzberechtigte zumindest in der ersten Zeit nach ihrer Ankunft der Zugang zu Obdach, Nahrungsmitteln und sanitären Einrichtungen sichergestellt wird. Eine Zusicherung seitens der griechischen Behörde, den Beschwerdeführer zumindest für eine Übergangszeit unterzubringen, ist im vorliegenden Verfahren nicht abgegeben und von Bundesamt oder Bundesregierung – soweit ersichtlich – auch nicht angefordert worden. Vielmehr hat das Bundesamt in seinem Bescheid lediglich ausgeführt, dass davon auszugehen sei, dass Griechenland die einschlägigen Regelungen des EU-Rechts einhalte.

 

Dabei gibt das Verfassungsgericht dem Verwaltungsgericht auch auf, im konkreten Fall zu prüfen, ob und inwieweit dem anerkannten Syrer Sozialleistungen nicht nur zustehen, sondern auch tatsächlich zugänglich sind.

 

Link zur Pressemitteilung des BVerfG

2 Gedanken zu „BVerfG verlangt bei Überstellung nach Dublin III Überprüfung der Verhältnisse vor Ort“

  1. Lieber Chris,

    bei der Abschiebung von Anerkannten ist Dublin III nicht anwendbar, sondern das nationale Recht bzw. die zwischenstaatlichen Rückübernahmeabkommen. Dublin III ist nur bei einer Ablehnung oder einer fehlenden Asylentscheidung anwendbar.

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