Integrationsgesetz: Generelle Leistungskürzungen und Anspruchseinschränkungen nach AsylbLG

 

Hier geht es um grundsätzliche Einschränkungen von Leistungen im Asylverfahren bzw. für Menschen, die unter einen bestimmten Status fallen. Leistungseinschränkungen gibt es (bisher und neu) an mehreren Stellen, worauf wir in den jeweiligen Teilartikeln eingehen, um die Systematik beizubehalten.

 

Wo gab es schon Möglichkeiten zur Leistungskürzung ?

Leistungskürzungen und Anspruchseinschränkungen werden noch weiter ausgeweitet. Bereits jetzt erhalten vollziehbar Ausreisepflichtige nur noch das Notwendigste an Unterkunft und Verpflegung (§1 Abs 2). Geduldete und vollziehbar Ausreisepflichtige erhalten auch jetzt bereits nur noch den Umständen nach „unabweisbare“ Leistungen.

Ebenso gilt dies bereits jetzt für die Menschen, für die ein anderer EU-Staat oder auch nach Dublin III zuständig ist (Abs. 4) für die Zeit der Durchführung des Asylverfahrens (Abs. 4).

 

Welche Menschen sind zukünftig noch darüber hinaus eingeschränkt in ihren Leistungen?

Neu hinzu kommt nun eine analoge Regelung für Menschen mit bereits gewährtem internationalen Schutz oder Aufenthaltsrecht in einem anderen EU-Staat. Rechtssystematisch ist dies noch nachvollziehbar. Zur generellen Kritik kommen wir, wenn wir alle Teile des Integrationsgesetzes vorgestellt haben.

 

Komplett neu hinzu kommen jedoch Leistungskürzungen bei:

  • Verletzung der Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 2 Nr 4 (Nichtvorlage des Passes)
  • Verletzung der Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 2 Nr 5 (Nichtvorlage von Urkunden oder sonstigen Unterlagen, die der
  • Klärung der Identität der oder des Leistungsberechtigten dienen)
  • Nichtwahrnehmung des Termins zur förmlichen Antragstellung beim BAMF
  • Weigerung Angaben über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit zu machen

Die Gesetzesbegründung sieht hierbei zwar Einschränkungen vor, wenn derjenige die Gründe für die o.g. Handlungen nicht zu vertreten hat und stellt dies auch explizit in den Vordergrund, aber hier bleibt die konkrete Ausführung in der Praxis und eventuelle Ausführungsvorschriften und Anweisungen abzuwarten, ob und wie dies tatsächlich berücksichtigt wird.

Konkret ist von der Vorlage „substantiierter Informationen“ die Rede, um Leistungseinschränkungen aus den o.g. Gründen vornehmen zu können. Dennoch zeigt die Erfahrung hier und aus anderen Bereichen, dass oft und gerne erst einmal eingeschränkt und gekürzt wird und hinterher die Hintergründe geklärt werden.

Dieser Widerspruch wird alleine daran deutlich, dass einerseits von substantiierten Informationen die Rede ist, andererseits jedoch die Leistungskürzung nur bei „wichtigen Gründen“ entfallen kann.

 

Woraus ergeben sich ebenfalls Leistungskürzungen nach § 1 a?

Es wird eine verpflichtende Teilnahme an Integrationskursen für bestimmte Menschen geben. Verstoßen diese gegen diese Verpflichtung, können auch bei ihnen Leistungen nach § 1 a gekürzt werden. Diese leistungskürzungen gelten dann ebenso für Menschen im Asylverfahren (Grundleistungs-Bezieher nach § 3) wie auch Menschen mit sog. Analogleistungen, also Menschen die mehr als 15 Monate im Asylverfahren sind, aber deshalb Anspruch Auf Leistungen analog zum SGB haben.

 

Widerspruch / Klage haben keine aufschiebende Wirkung mehr

Generell für alle Leistungskürzungsmöglichkeiten, die das Asylgesetz bisher und nun neu vorsieht, ist nunmehr geregelt, dass Ein Widerspruch bzw. eine Klage keine aufschiebende Wirkung mehr haben. Dies bedeutet, dass zwar geklagt werden kann, aber bis zur Rechtskraft nach neuer Gesetzeslage zunächst die Kürzungen und Leistungseinschränkungen vollzogen werden.

Damit erhöht sich der Druck auf die betroffenen Menschen, nach Möglichkeit alles zu unterlassen, was ggfls. zu einer Leistungskürzung führen könnte. Ebenso beschneidet es u.U. Menschen, weil die aufzuwenden Kosten für eine anwaltliche Vertretung in derartigen Verfahren ohnehin  schon schwer aufzubringen sind.

 

 

Gesetzestexte

Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)

§ 1a Anspruchseinschränkung
(1) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 und Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 6, soweit es sich um Familienangehörige der in § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 genannten Personen handelt, die sich in den Geltungsbereich dieses Gesetzes begeben haben, um Leistungen nach diesem Gesetz zu erlangen, erhalten Leistungen nach diesem Gesetz nur, soweit dies im Einzelfall nach den Umständen unabweisbar geboten ist.

(2) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5, für die ein Ausreisetermin und eine Ausreisemöglichkeit feststehen, haben ab dem auf den Ausreisetermin folgenden Tag keinen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6, es sei denn, die Ausreise konnte aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht durchgeführt werden. Ihnen werden bis zu ihrer Ausreise oder der Durchführung ihrer Abschiebung nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, können ihnen auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Absatz 1 Satz 1 gewährt werden. Die Leistungen sollen als Sachleistungen erbracht werden.

(3) Absatz 2 gilt entsprechend für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5, bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können. Für sie endet der Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6 mit dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag. Für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 6, soweit es sich um Familienangehörige der in Satz 1 genannten Personen handelt, gilt Absatz 1 entsprechend.

(4) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 5, für die in Abweichung von der Regelzuständigkeit nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) nach einer Verteilung durch die Europäische Union ein anderer Mitgliedstaat oder ein am Verteilmechanismus teilnehmender Drittstaat, der die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 anwendet, zuständig ist, erhalten ebenfalls nur Leistungen nach Absatz 2. 

Satz 1 gilt entsprechend für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 5, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat im Sinne von Satz 1 internationaler Schutz oder aus anderen Gründen ein Aufenthaltsrecht gewährt worden ist, wenn der internationale Schutz oder das aus anderen Gründen gewährte Aufenthaltsrecht fortbesteht.

(5) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 7 erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 2 Satz 2 bis 4, wenn sie

1. ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 4 des Asylgesetzes nicht nachkommen,

2. ihre Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 5 des Asylgesetzes verletzen, indem sie erforderliche Unterlagen zu ihrer Identitätsklärung, die in ihrem Besitz sind, nicht vorlegen, aushändigen oder überlassen,

3. den gewährten Termin zur förmlichen Antragstellung bei der zuständigen Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge oder dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht wahrgenommen haben oder

4. den Tatbestand nach § 30 Absatz 3 Nummer 2 zweite Alternative des Asylgesetzes verwirklichen, indem sie Angaben über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit
verweigern,

es sei denn, sie haben die Verletzung der Mitwirkungspflichten oder die Nichtwahrnehmung des Termins nicht zu vertreten oder ihnen war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten oder die Wahrnehmung des Termins aus wichtigen Gründen nicht möglich. Die Anspruchseinschränkung nach Satz 1 endet, sobald sie die fehlende Mitwirkungshandlung erbracht oder den Termin zur förmlichen Antragstellung wahrgenommen haben.

 

 

Ergänzung AsylG

 

Neu in § 11:

„(4) Keine aufschiebende Wirkung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, mit dem

  1. eine Leistung nach diesem Gesetz ganz oder teilweise entzogen oder die Leistungsbewilligung aufgehoben wird oder
  2. eine Einschränkung des Leistungsanspruchs nach § 1a oder § 11 Absatz 2a festgestellt wird.“

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