Was ist das Neue bei der Duldung nach § 60b?
Die wesentlichen Folgen dieses Status sind eine längere Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen, reduzierte Leistungen, Arbeitsverbote und ein Verlust der Anrechnungen der Duldungszeiten auf Voraufenthaltszeiten, die für eine Aufenthaltsverfestigung notwendig sind.
Eine Duldung nach § 60b ist keine juristisch eigenständige neue Duldungsregelung. Duldungen richten sich weiter und unverändert nach § 60a AufenthG. Wenn jemand einen Duldungsgrund nach § 60a hat, wird jedoch nun neu in einem zweiten. Schritt geprüft, ob § 60b ebenfalls auf diesen Fall anwendbar ist.
Wenn dies der Fall sein sollte, wird die Duldung mit dem Eintrag
„für Personen mit ungeklärter Identität“
„Erlischt bei Besitz eines zur Ausreise bzw. Rückführung in den Herkunftsstaat berechtigenden Dokumentes“
„Erwerbstätigkeit nicht gestattet (§60b Abs. 5 S. 2 AufenthG)“
„Bei Verstößen droht Unternehmer/Arbeitgeber Bußgeld bis zu 500.000€“
„Wohnsitznahme im Land Berlin erforderlich“
ausgestellt.
Es ist also wichtig, in das Duldungspapier zu schauen, um festzustellen, um welche Art von Duldung es sich handelt und welche Auflagen damit verbunden sind.
Welche Auswirkungen hat die Duldung mit dem Zusatz nach § 60b?
Wird über jemanden der Status „Duldung mit ungeklärter Identität“ verhängt, hat das erhebliche Auswirkungen.
Es gibt mehrere gesetzliche Folgen, die nicht mehr im Ermessen einer Ausländerbehörde stehen, sondern direkte gesetzliche Folgen sind:
- Gesetzlich normiertes Beschäftigungsverbot (§ 60b Abs. 5)
- Gesetzlich normierte regionale Begrenzung der Wohnsitznahme auf den Bezirk der Ausländerbehörde (§ 61 Abs. 1d)
- Keine Anrechnung der Zeiten mit diesem Status auf Vorduldungszeiten für Aufenthaltserlaubnisse (§ 60b Abs. 5)
- Leistungskürzungen bei Leistungen nach dem neuen AsylbLG zur Deckung des Bedarfes an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Körper- und Gesundheitspflege (§ 1a AsylbLG)
Gesetzestext § 60b AufenthG
Da der § 60b komplett neu eingefügt wurde, stellen wir ihn hier einmal komplett dar (Hervorhebungen durch uns):
§ 60b Duldung für Personen mit ungeklärter Identität
(1) Einem vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer wird die Duldung im Sinne des § 60a als „Duldung für Personen mit ungeklärter Identität“ erteilt, wenn die Abschiebung aus von ihm selbst zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, weil er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt oder er zumutbare Handlungen zur Erfüllung der besonderen Passbeschaffungspflicht nach Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 Satz 1 nicht vornimmt. Dem Ausländer ist die Bescheinigung über die Duldung nach § 60a Absatz 4 mit dem Zusatz „für Personen mit ungeklärter Identität“ auszustellen.
(2) Besitzt der vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer keinen gültigen Pass oder Passersatz, ist er unbeschadet des § 3 verpflichtet, alle ihm unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zumutbaren Handlungen zur Beschaffung eines Passes oder Passersatzes selbst vorzunehmen.
Dies gilt nicht für Ausländer ab der Stellung eines Asylantrages (§ 13 des Asylgesetzes) oder eines Asylgesuches (§ 18 des Asylgesetzes) bis zur rechtskräftigen Ablehnung des Asylantrages sowie für Ausländer, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt, es sei denn, das Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 7 beruht allein auf gesundheitlichen Gründen.
(3) Im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 ist dem Ausländer regelmäßig zumutbar,
- in der den Bestimmungen des deutschen Passrechts, insbesondere den §§ 6 und 15 des Passgesetzes in der jeweils geltenden Fassung, entsprechenden Weise an der Ausstellung oder Verlängerung mitzuwirken und die Behandlung eines Antrages durch die Behörden des Herkunftsstaates nach dem Recht des Herkunftsstaates zu dulden, sofern dies nicht zu einer unzumutbaren Härte führt,
- bei Behörden des Herkunftsstaates persönlich vorzusprechen, an Anhörungen teilzunehmen, Lichtbilder nach Anforderung anzufertigen und Fingerabdrücke abzugeben, nach der Rechts- und Verwaltungspraxis des Herkunftsstaates erforderliche Angaben oder Erklärungen abzugeben oder sonstige nach der dortigen Rechts- und Verwaltungspraxis erforderliche Handlungen vorzunehmen, soweit dies nicht unzumutbar ist,
- eine Erklärung gegenüber den Behörden des Herkunftsstaates, aus dem Bundesgebiet freiwillig im Rahmen seiner rechtlichen Verpflichtung nach dem deutschen Recht auszureisen, abzugeben, sofern hiervon die Ausstellung des Reisedokumentes abhängig gemacht wird,
- sofern hiervon die Ausstellung des Reisedokumentes abhängig gemacht wird, zu erklären, die Wehrpflicht zu erfüllen, sofern die Erfüllung der Wehrpflicht nicht aus zwingenden Gründen unzumutbar ist, und andere zumutbare staatsbürgerliche Pflichten zu erfüllen,
- die vom Herkunftsstaat für die behördlichen Passbeschaffungsmaßnahmen allgemein festgelegten Gebühren zu zahlen, sofern es nicht für ihn unzumutbar ist und
- erneut um die Ausstellung des Passes oder Passersatzes im Rahmen des Zumutbaren nachzusuchen und die Handlungen nach den Nummern 1 bis 5 vorzunehmen, sofern auf Grund einer Änderung der Sach- und Rechtslage mit der Ausstellung des Passes oder Passersatzes durch die Behörden des Herkunftsstaates mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gerechnet werden kann und die Ausländerbehörde ihn zur erneuten Vornahme der Handlungen auffordert.Der Ausländer ist auf diese Pflichten hinzuweisen. Sie gelten als erfüllt, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er die Handlungen nach Satz 1 vorgenommen hat. Weist die Ausländerbehörde den Ausländer darauf hin, dass seine bisherigen Darlegungen und Nachweise zur Glaubhaftmachung der Erfüllung einer bestimmten Handlung oder mehrerer bestimmten Handlungen nach Satz 1 nicht ausreichen, kann die Ausländerbehörde ihn mit Fristsetzung dazu auffordern, die Vornahme der Handlungen nach Satz 1 durch Erklärung an Eides Statt glaubhaft zu machen. Die Ausländerbehörde ist hierzu zuständige Behörde im Sinne des § 156 des Strafgesetzbuches.
(4) Hat der Ausländer die zumutbaren Handlungen nach Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 Satz 1 unterlassen, kann er diese jederzeit nachholen. In diesem Fall ist die Verletzung der Mitwirkungspflicht geheilt und dem Ausländer die Bescheinigung über die Duldung nach § 60a Absatz 4 ohne den Zusatz „für Personen mit ungeklärter Identität“ auszustellen. Absatz 5 Satz 1 bleibt unberührt.
(5) Die Zeiten, in denen dem Ausländer die Duldung mit dem Zusatz „für Personen mit ungeklärter Identität“ ausgestellt worden ist, werden nicht als Vorduldungszeiten angerechnet.
Dem Inhaber einer Duldung mit dem Zusatz „für Personen mit ungeklärter Identität“ DARF die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden. Er unterliegt einer Wohnsitzauflage nach § 61 Absatz 1d.
(6) § 84 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und § 84 Absatz 2 Satz 1 und 3 finden Anwendung
Zusammenfassungen zu § 60b
Absatz 1 :
Duldung mit „ungeklärter Identität“ bekommt jemand bei
- Eigener Täuschung über Identität oder Staatsangehörigkeit
- Eigenen falschen Angaben
- Nicht-Vornahme zumutbarer Handlungen zur Passbeschaffungspflicht UND
- dadurch die Nicht-Vollziehbarkeit einer Abschiebung
Absatz 2:
Gesetzliche PFLICHT zur Passbeschaffung und allen dazu zumutbaren Handlungen
Ausgenommen:
- Gestellter Asylantrag bis zur rechtskräftigen Ablehnung
- Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7, wenn dies nicht allein auf gesundheitlichen Gründen beruht
Absatz 3:
Hier werden zumutbare Handlungen definiert, die jemand in jedem Fall vornehmen können soll. Die Aufzählung ist dabei nicht abschließend.
Gleichzeitig wird eine gesetzliche Hinweispflicht über die neuen gesetzlichen Pflichten eingeführt (6.).
Es reicht die Glaubhaftmachung aus. Ersatzweise ist eine Eidesstattliche Versicherung möglich („kann“ = Ermessen).
Absatz 4:
Wenn die zumutbaren Handlungen nachgeholt werden, ist die Mitwirkungspflicht geheilt und § 60b wird nicht weiter angewendet.
Absatz 5:
Zeiten, in denen der Zusatz mit ungeklärter Identität galt, werden bei Vorzuenthalten nicht angerechnet, es besteht ein gesetzliches Beschäftigungsverbot und eine gesetzliche Wohnsitzauflage.
Absatz 6:
Widerspruch und Klage haben keine aufschiebende Wirkung, hemmen also die Folgen von § 60b nicht.
Welche Fälle sind betroffen?
§ 60b unterscheidet demnach zunächst zwischen zwei Tatbeständen:
A)
Täuschung über Identität oder Staatsangehörigkeit
Falsche Angaben
B)
Besondere Passbeschaffungspflicht nicht erfüllt
Kein Heimreisedokument
Fehlende Mitwirkung
Wichtig deshalb: § 60 b ist lex specialis
§ 60 b ist keine eigenständige gesetzliche Regelung, sondern lex specialis zu § 60 a.
Grundsätzlich muss also jeder, der von § 60 b betroffen sein könnte, zunächst die grundsätzlichen Voraussetzungen einer Duldung nach § 60 a erfüllen:
Eine Abschiebung muss aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich sein. Neben z.B. medizinischen Gründen oder auch familiären, kann dies auch aufgrund eines fehlenden Passes der Fall sein.
Erst nachdem die Voraussetzungen für eine Duldung, wie sie auch bisher schon galten, erfüllt sind, wird in einem zweiten Schritt geprüft, ob die speziellen neuen Regelungen nach § 60b auch greifen.
Konkret bedeutet dies: Eine Abschiebung aufgrund vollziehbarer Ausreisepflicht muss aus tatsächlichen Gründen (Passlosigkeit) unmöglich sein.
Dies bedeutet auch, dass bei Bestehen weiterer anderer Duldungsgründe, also z.B. Krankheit, Schwangerschaft oder ein minderjähriges Kind, eine Abschiebung nicht aufgrund der Passlosigkeit unmöglich ist. Demnach greift dann § 60b erst einmal nicht.
Im Weiteren wird jedoch unterstellt, dass die Passlosigkeit der einzige Grund ist, der eine Abschiebung tatsächlich verhindert, um das weitere Procedere bei § 60b zu erläutern.
Prüfschema (Teil 1) zu § 60b
Um die verschiedenen Alternativen und auch die Abläufe besser darzustellen, ergibt sich folgendes Bild, das ab rechtskräftiger Ablehnung eines Asylantrages und der daraus entstehenden vollziehbaren Ausreisepflicht einsetzt und voraussetzt, dass derjenige auch einen Duldungsgrund hat:
Da der § 60b neu ins Gesetz aufgenommen wurde, konnte er bisher auch von niemandem befolgt werden. Deshalb ist nach § 60 b Abs. 6 eine Belehrung zwingend („ist… hinzuweisen“), damit jemand ggfls. später bei Nicht-Beachtung der Neuregelung den Zusatz nach § 60b erhält.
Bei jeder Neuausstellung einer Duldung nach Inkrafttreten des Gesetzes bzw. bei einer ersten Vorsprache nach Inkrafttreten des Gesetzes wird deshalb diese Belehrung erfolgen und auch in der Akte dokumentiert.
Eine Duldung nach § 60a wird dann – sofern die Duldungsgründe weiter bestehen – auch erst einmal verlängert werden (Berlin grundsätzlich Verlängerung um bzw. Neuausstellung für 6 Monate / Anspruch!).
Dabei ist wichtig, dass nun die Verlängerung grundsätzlich als „gute“ Duldung erfolgt, also demnach auch keine Beschäftigungsverbote aufgrund von Passlosigkeit mehr enthält.
Hintergrund: Da § 60b lex specialis zu § 60a ist, gibt es nun eine eigenständige gesetzliche Regelung für Fälle von Passlosigkeit für das Aufenthaltsgesetz an sich. § 60a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 wird hierdurch in seiner Anwendung gesperrt. Dies bedeutet weiter, dass auch jemand, der bisher einem Beschäftigungsverbot unterlag, dies nun (erst einmal) nicht mehr gilt.
Ziel und Sinn ist, dass Betroffene die sehr negativen Auswirkungen des § 60 b nicht sofort treffen, sondern dem einerseits die o.g. Belehrung vorausgeht und andererseits in diesen sechs Monaten Schritte zur Glaubhaftmachung ihrer Angaben unternehmen.
Demnach werden negative Auswirkungen aus der Anwendung von § 60b auch erst ab ca. März Realität werden.
Nach Inkrafttreten des Gesetzes, NACH Belehrung und NACH den gelten die neuen Regelungen auch für jeden davon Betroffenen, der verfahrensfähig ist (also volljährig).
Für wen gilt § 60 b grundsätzlich NICHT?
1) Für Minderjährige.
Minderjährige sind (noch) nicht verfahrensfähig und haben deshalb falsche Angaben oder fehlende Mitwirkung (noch) nicht zu vertreten.
2) Für Menschen im Asylverfahren bis zur Rechtskraft der Ablehnung
3) Für Menschen, die eine Ausbildungs- oder Beschäftigungsduldung nach § 60c bzw. § 60d (in Kraft erst ab 01.01.2020) beantragt haben UND die Voraussetzungen erfüllen (gilt auch schon aufgrund Vorgriffsregelung (Berlin) bereits 2019).
(4) Für Menschen mit Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder 7, soweit sie nicht eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 besitzen
(5) Für Menschen, die außer Passlosigkeit weitere Duldungsgründe haben, die bereits vorgehend eine Abschiebung verhindern.
Daneben gibt es weitere Übergangsregelungen (s.u.).
GLAUBHAFTMACHUNG der Angaben
Nach dem Wortlaut des § 60 b reicht nun zur Erfüllung der jeweiligen gesetzlichen Vorgaben die Glaubhaftmachung der Angaben aus.
Eine „Glaubhaftmachung“ ist eine Stufe unter der „Identitätsklärung“ an sich. Es ist also nicht zwingend notwendig, zur Glaubhaftmachung schon einen Pass vorlegen zu müssen.
Die Pflichten nach § 60 b Abs. 3 Nr. 1 gelten als erfüllt, wenn jemand deren Erfüllung glaubhaft macht und dies entsprechend darlegt.
Beispiel: Kann jemand glaubhaft machen, dass er beispielsweise einen Antrag bei der Botschaft gestellt hat, dort Dokumente einreichte o.ä., aber dennoch bisher kein Dokument dort ausgestellt wurde, wäre seine Mitwirkungspflicht erfüllt. Die Glaubhaftmachung könnte z.B. durch eine Terminbestätigung, ein Schreiben der Botschaft, eine Dokumentation eines Besuches o.ä. erfolgen.
Verlängerung der „guten“ Duldung?
Ist diese Glaubhaftmachung erfolgreich, kann die Duldung auch weiterhin ohne Anwendung des § 60b erfolgen. Hier ist auch eine mehrmonatige Verlängerung möglich. Anwendungsfälle können unserer Vorstellung nach beispielsweise mehrmonatige Wartezeiten auf nachvollziehbare Botschaftstermine sein. Ebenso denkbar sind Fälle, bei denen die Botschaft mehrere Monate für die Bearbeitung benötigt und dies bestätigt. Ebenso können noch nicht abschließend bearbeitete Leistungsanträge für Passbeschaffungskosten o.ä. denkbar sein.
Eidesstattliche Versicherung gilt als Glaubhaftmachung
Wenn die Ausländerbehörde die Bemühungen als nicht ausreichend oder intensiv genug ansieht, ist ein weiterer (neuer) Weg denkbar.
Die Frage, ob eine solche „Ersatzmaßnahme“ offen steht,. Ist eine Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde (§ 60b Abs. 3 Nr. 6 „kann die Ausländerbehörde …. dazu auffordern“)
Für die Ermessensentscheidung gilt dann, dass positive Gründe die negativen überwiegen müssen. Beurteilt werden kann nur der jeweilige Einzelfall unter dem Gesichtspunkt, ob eine Einhaltung einer solchen eidesstattlichen Versicherung zu erwarten ist.
Hier fließen sicher positive bisherige Mitwirkungsbemühungen ebenso ein wie überwiegende Rechtstreue in der Vergangenheit oder besondere Integrationsleistungen. Je mehr Mitwirkungsleistungen demnach ins Feld geführt werden können, desto eher wird wohl eine positive Ermessensausübung erwartbar sein.
Negativ und zu Lasten des Betroffenen wäre wohl das komplette Fehlen jeder Passbeschaffungsbemühungen auszulegen. Mehrfach unrichtige Angaben in der Vergangenheit oder Vorstrafen spielen ebenso eine negative Rolle.
Strafbarkeit einer falschen eidesstattlichen Versicherung
Hinzuweisen ist bei der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung darauf, dass falsche Angaben nicht folgenlos bleiben. Macht jemand bewußt falsche Angabe in einer eidesstattlichen Versicherung, ist dies nach § 156 StGB strafbar.
Fortsetzung Schaubild (Teil 2)
Positives Ermessen & eidesstattliche Versicherung
In diesem Fall wird demjenigen angeboten, ersatzweise eine solche eidesstattliche Versicherung abzugeben. Ist dies dann erfolgt, wären die Mitwirkungshandlungen, die das Gesetz nach § 60b nun fordert, erfüllt.
Nun kann derjenige auch eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 beantragen (s.u.).
Negatives Ermessen & keine eidesstattliche Versicherung
Folge daraus ist nun, dass die bisherige „gute“ Duldung einen Zusatz nach § 60 b erhält.
Dieser lautet:
„für Personen mit ungeklärter Identität“
„Erlischt bei Besitz eines zur Ausreise bzw. Rückführung in den Herkunftsstaat berechtigenden Dokumentes“
„Erwerbstätigkeit nicht gestattet (§60b Abs. 5 S. 2 AufenthG)“
„Bei Verstößen droht Unternehmer/Arbeitgeber Bußgeld bis zu 500.000€“
„Wohnsitznahme im Land Berlin erforderlich“
Damit ist für die Dauer der Gültigkeit dieses Zusatzes aus der Anwendung des § 60b jede Beschäftigung von Gesetzes wegen untersagt.
Eine weitere Folge ist eine Wohnsitzauflage nach § 61 AufenthG.
Aufenthaltsrechtliche Möglichkeiten
Abgesehen von der Problematik, dass die Zeiten einer Duldung mit dem Zusatz „mit ungeklärter Identität“ zwar nicht einen notwendigen ununterbrochenen Voraufenthalt „zerstören“, werden diese Zeiten eben nicht angerechnet.
Sie haben deshalb u.U. erhebliche Auswirkungen.
Grundsätzlich offen sind aber weiterhin die Möglichkeiten der AUSBILDUNGSDULDUNG oder der neuen BESCHÄFTIGUNGSDULDUNG. Ebenso besteht grundsätzlich Zugang zu den Erlaubnissen nach § 25a und b. Letztlich kann auch eine qualifizierte Beschäftigung nach § 18a oder § 19d (neu) eine Möglichkeit sein.
Ebenso möglich ist auch eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 5. Sehr ausführlich haben wir das in diesem separaten Beitrag dargestellt.
Auswirkungen auf § 25 Abs. 5
Die Änderungen beim § 60b haben u.U. auch Auswirkungen auf die Möglichkeit einer Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 5 AufenthG.
Die hierfür geltenden Regelungen und Bestimmungen haben wir separat ausführlich dargestellt.
Schaubild insgesamt
Heilbarkeit
Eine Aufhebung dieses Zusatzes mit allen einschränkenden Folgen ist immer möglich, setzt aber nun voraus, dass die entsprechenden gesetzlich normierten Mitwirkungshandlungen auch erfolgen und nun nachgeholt werden. Nach § 60b Abs. 4 sind dann die Naschteile geheilt und der Zusatz kann gestrichen werden.
Vorduldungszeiten
Zeiten, zu denen man im Besitz einer Duldung mit dem Zusatz nach § 60b ist, werden im Aufenthaltsrecht an den entsprechenden Stellen nicht angerechnet. Dies betrifft z.B. die Zeiträume, die zur Erlangung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 a oder b oder auch einer späteren Niederlassungserlaubnis notwendig sind.
Im Gesetz wird klargestellt, dass diese Zeit geforderte ununterbrochene Zeiträume nicht behindern. An dieser Stelle zählen sie also mit. Bei einem geforderten Zeitraum bei einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25b von beispielsweise 8 Jahren und einer Duldungszeit mit dem Zusatz nach § 60b von 1 Jahr wäre demnach in diesem Beispiel der Aufenthalt zwar 9 Jahre ununterbrochen, aber nur 8 Jahre davon erlaubt, geduldet oder gestattet.
Besonderheiten bei Minderjährigen (auch UMF) & jungen Erwachsenen
Die Besonderheit ist zunächst, dass Minderjährige grundsätzlich unter die o.g. Ausnahmen fallen, weil sie nicht verfahrensfähig sind. Sie erhalten also demnach grundsätzlich keine Erweiterung der Duldung nach § 60b. Bei jungen Erwachsenen wird (in Berlin) ein großzügiger Maßstab angelegt. Dies bedeutet, dass § 60 b auch hier nur dann angewendet wird, wenn der junge Erwachsene im verfahrensfähigen Alter selbst unrichtige Angaben gemacht haben sollte. Ein solches Verschulden durch Eltern oder Vormünder würde ihm nicht zugerechnet werden.
Bei Volljährigen soll deshalb binnen 3 Monaten nach Volljährigkeit ebenfalls erst einmal eine Belehrung erfolgen. Danach reihen sie sich gleichermaßen in den „normalen“ Prozess mit ein.
Übergangs- und Vorgriffsregelungen
Nach § 105 AufenthG und auch nach landesspezifischen Regelungen (Berlin) gibt es bestimmte Übergangs- und Vorgriffsregelungen:
- Jemand, der bisher eine Duldung hatte, bei der ihm eine Berufstätigkeit oder eine Berufsausbildung (OHNE Inanspruchnahme Ausbildungsduldung!) gestattet war, wird (zunächst) ebenfalls von § 60b ausgenommen. Hier gibt es nach § 105 eine Übergangsregelung bis zum 01.07.2020.Sofern bis zu diesem Zeitpunkt Duldungsverlängerungen notwendig sind, sind auch hier trotz Inkrafttreten des Gesetzes bis zum 30.06.2020 keine Fragen zu prüfen, ob § 60b evtl. Anwendung findet.Nach dem 30.06.2020 würde dann auch bei einem bisher ausgenommenen Menschen der normale Prozess beginnen, der mit der Belehrung über die Auflagen nach § 60b ansetzt (s.o.).
- Wer bereits IM BESITZ einer Ausbildungsduldung nach altem Recht ist. ODER (in Zukunft) eine Ausbildungsduldung nach neuem Recht (Duldungsgesetz) ab 01.01.2020 oder eine Beschäftigungsduldung nach neuem Recht (Duldungsgesetz) ab 01.01.2020 BESITZT ODER eine Ausbildungs- oder Beschäftigungsduldung nach neuem Recht ab 01.01.2020 in 2019 BEANTRAGT UND die Voraussetzungen bereits jetzt ERFÜLLT
ist von der Anwendung des § 60b ausgenommen.
Diese gilt auch für eventuelle Zeiten für die Suche nach einem neuen Ausbildungsplatz oder einer neuen Beschäftigung bei der Ausbildungs- und Beschäftigungsduldung, wie auch für eventuelle Verlängerungen der Ausbildungsduldung bei Wiederholung der Prüfung o.ä.
Es kann also bereits im Vorgriff eine Ermessensduldung ausgestellt werden, wenn jemand die Voraussetzungen der erst zum 01.01.2020 in Kraft tretenden Regelungen nach § 60c und d erfüllt und eine Ausbildungs- oder Ermessensduldung beantragt.
Wesentlich ist noch, dass die Übergangsregelungen nach § 105 nur dann gelten, wenn die Beantragung eine Ausbildungs- oder Beschäftigungsduldung VOR einer Erteilung einer Duldung nach § 60b erfolgt.
Weiterhin § 105 AufenthG:
(1) Die Ausländerbehörde entscheidet bei geduldeten Ausländern über die Ausstellung einer Bescheinigung über die Duldung nach § 60a Absatz 4 mit dem Zusatz „für Personen mit ungeklärter Identität“ frühestens aus Anlass der Prüfung einer Verlängerung der Duldung oder der Erteilung der Duldung aus einem anderen Grund.
(2) Auf geduldete Ausländer findet § 60b bis zum 1. Juli 2020 keine Anwendung, wenn sie sich in einem Ausbildungs- oder Beschäftigungsverhältnis befinden.
Nach § 104 AufenthG neue Fassung
(16) Für Beschäftigungen, die Inhabern einer Duldung bis zum … [einsetzen: Datum des Tages vor Inkrafttreten dieses Gesetzes] erlaubt wurden, gilt § 60a Absatz 6 in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung fort.
Weitere Informationen
Gesetzestexte neu zu AufenthG, AsylG & AsylbLG
Übersicht zu Änderungen durch das Migrationspaket insgesamt (laufende Erweiterung) (folgt)
Hallo ich habe 2 Jahre Aussetzung der abschiebung ( Duldung) und ich habe drei Monate Aufenthalt wenn ich arbeite Vollzeit kann ich meine offen teilnehmen an meine Arbeitserlaubnis ist für immer kann arbeiten oder ich muss diese Land verlassen