Wer begleitet unbegleitete Minderjährige zum und durch das Asylverfahren?
Immer mehr Minderjährige warten immer länger. Vormünder werden nicht oft genug und nicht zeitnah bestellt. Wenn sie dann bestellt sind, werden wegen ihrer Überlastung nicht oft genug und nicht zeitnah genug Asylanträge gestellt, obwohl dies sehr oft sinnvoll ist.
Bestellte Vormünder sind jedoch auch oft bereit, für einzelne Schritte Vollmachten zu erteilen. Wir suchen deshalb Menschen, die nicht als Vormund, sondern vielmehr “nur2 als Bevollmächtigter eines Vormundes Jugendliche zu betreuen, um
- herauszufinden, ob die Asylantragstellung sinnvoll und notwendig ist
- den Asylantrag an sich zusammen mit dem Vormund zu stellen und
- dann die Anhörung und das Verfahren an sich zu begleiten.
Vielen Menschen ist die Vormundschaft eine zu große und zu gewichtige Aufgabe. Dennoch wollen sie vielleicht helfen. Mit der o.g. Bevollmächtigung ist natürlich auch Zeitaufwand Verbund, der sich jedoch in einem überschaubaren Rahmen hält. Genau genommen ist man mit drei Tage Zeitaufwand bereits erfolgreich und verhilft dem Jugendlichen zu einem geordneten Asylverfahren, das er im Moment in vielen Fällen nicht bekommt.
Alles Weitere, die Hintergründe und auch einen ersten Beratungstermin findet Ihr um unten eingestellten Beitrag “Heisser Herbst: Ehrenamtliche passte Euch bevollmächtigen!” von Andrea Petzenhammer und Dr. Sabine Speiser zu diesem Thema.
Wer Interesse hat, kommt bitte zum u.g. Beratungstermin oder wendet sich direkt an
info@vormund-werden.de
Heißer Herbst: Ehrenamtliche, lasst Euch bevollmächtigen!
UMFs werden 18, ohne ihren Asylantrag stellen zu können. Amtsvormünder können Ehrenamtliche schnell bevollmächtigen, um notwendige Schritte einzuleiten. Infoabend: 12.10.16, 19:00 Uhr
Kinder, wie die Zeit vergeht! Nicht nur allgemein, sondern vor allem für die Geflüchteten in Berlin, die vergangenes Jahr minderjährig angekommen sind. Immer mehr Jugendliche werden volljährig oder stehen kurz davor – ohne bisher einen Asylantrag stellen zu können. Denn dafür benötigen minderjährige Flüchtlinge einen Vormund, der das für sie übernimmt. Wenn kein ehrenamtlicher Vormund bestellt werden kann, greifen die Familiengerichte auf Amtsvormünder zurück. Die Amtsvormundschaften für UMF liegen in Berlin beim Jugendamt Steglitz Zehlendorf. Die Amtsvormünder sind jedoch haltlos überlastet und haben damit in den vergangenen Monaten vielfach begründet, warum Sie sich für die meisten minderjährigen Flüchtlinge nur um das Nötigste kümmern können: Unterkunft, Finanzierung, Krankenversicherung und Reaktionen in Notfällen.
„Viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge befinden sich über lange Zeit in einem Zustand der aufenthaltsrechtlichen Illegalität und der rechtlichen Handlungsunfähigkeit mangels Bestellung eines Vormunds. Die Berliner Senatsverwaltung für Jungend verstößt damit gegen sämtliche Rechtsvorschriften zur Inobhutnahme und Betreuung und verletzt systematisch das Kindeswohl.“
Aus: Forderungen des Flüchtlingsrats Berlin zu den Abgeordnetenhauswahlen 2016, S. 22, 07.09.16
Amtsvormünder übertragen Aufgaben in Teilen
Ein Vormund entscheidet, neben den asylrechtlichen Anliegen, auch alle anderen Fragen der elterlichen Sorge wie zu Bildung oder Gesundheit. Gerade Ehrenamtliche können jedoch oft nicht das ganze Paket leisten. Wenn sich ein Ehrenamtlicher findet, der über den Weg der Bevollmächtigung den Amtsvormund unterstützt, die Termine wahrzunehmen, die mit dem Asylantrag verbunden sind, sind die Amtsvormünder auch bereit:
– bei Aussicht auf Erfolg, den Antrag auf Asyl für den UMF zu stellen
– die Bevollmächtigung für den Ehrenamtlichen auszustellen.
Vorstellung beim Jugendamt
Die Ehrenamtlichen stellen sich beim Jugendamt vor und übernehmen nach der Bevollmächtigung in Teilen die Aufgaben des Amtsvormundes. Diese Teile beziehen sich vor allem auf die Klärung des aufenthaltsrechlichen Status: Sie begleiten die Jugendlichen vor Stellung des Asylantrags zu Beratungsgespräch, bei dem entschieden wird, ob ein Asylantrag für diesen Jugendlichen in seiner spezifischen Situation der geeignete Schritt ist.
Der Amtsvormund stellt dann den Asylantrag beim BAMF.
Zur Anhörung beim BAMF – so sie denn noch vor dem 18. Geburtstag stattfindet – begleitet wiederum der bevollmächtigte Ehrenamtliche den Jugendlichen.
Letzte Ausfahrt für viele Fast-Volljährige
Die Vorgehensweise kann insbesondere bei Jugendlichen, die kurz vor ihrem 18. Geburtstag stehen und einen Asylantrag stellen möchten, sehr hilfreich sein. Ein Vormundschaftsverfahren dauert in der Regel zwischen einem und drei Monaten, eine Bevollmächtigung geht deutlich schneller, sie kann innerhalb einiger Stunden erfolgen.
Werden die Jugendlichen 18, ohne einen Asylantrag gestellt zu haben, wurden sie bisher häufig in andere Bundesländer umverteilt. Für Geflüchtete, die nie konkret nach Berlin wollten und direkt nach ihrer Ankunft weiter verteilt werden, ist das angesichts der schwierigen Wohnungs- und Verwaltungssituation in der Hauptstadt möglicherweise sogar ein Vorteil. Für Jugendliche, die oft schon Monate oder über ein Jahr in Berlin leben, endlich einen Schulplatz haben, Freunde, einen Sportverein und Ähnliches gefunden haben und gerade anfangen konnten, anzukommen, ist eine solche Verteilung oft schwer zu ertragen und stellt einen erneuten Bruch in ihrer fragilen Lebenssituation dar. Ein weiteres Mal verlieren sie ihr soziales Umfeld, dem sie gerade vertrauen.
Ihren Asylprozess müssen sie dann als Volljährige und an einem völlig unbekannten Ort auch von vorne beginnen. Außerdem unterliegen sie in ihrem Asylverfahren als Volljährigen dem Dublin-III-Verfahren. Als Minderjährige haben sie hingegen das Recht, dass ihr Asylgesuch in dem Land geprüft wird, in dem sie es stellen.
Kein Amtsvormund in Sicht?
Für alle Jugendliche, für die noch nicht einmal ein Amtsvormund bestellt wurde, gilt: Beim Amtsgericht am Wohnort des Mündels kann ein Antrag auf Berufung eines Vormund gestellt werden. Das kann der Jugendliche auch selbst anregen. Noch besser ist es natürlich, wenn sich ein Ehrenamtlicher findet, der die Vormundschaft vollständig übernimmt und den Jugendlichen idealerweise auch über den 18. Geburtstag hinaus begleitet.
Beratung zur Bevollmächtigung: Infoabend am 12. Oktober 16
Am 12.10.16 um 19:00 Uhr veranstalten wir einen Infoabend in der Sybelstraße 43, 10629 Berlin rund um Bevollmächtigungen. Vermittelt werden grundlegende Informationen, außerdem beantworten wir Fragen. Interessenten melden sich bitte unter info@vormund-werden.de an. Im Vorfeld könnt Ihr uns auch schon individuelle Fragen zu konkreten Fällen schicken.
Beratungsgespräche zur Anhörung beim BAMF werden unter anderem vom BBZ, KUB und ProAsyl angeboten (Liste zu Beratungsstellen im Asylverfahren).
Über die Autorinnen
Andrea Petzenhammer arbeitet im richtigen Leben in einer Berliner PR-Agentur. Seit Ende 2015 engagiert sie sich ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe. Innerhalb der Initiative Vormund-werden.de qualifizieren sie und andere Engagierte weitere Ehrenamtliche, die minderjährige Geflüchtete unterstützen wollen. Facebook: www.facebook.com/vormundwerdeninberlin
Dr. Sabine Speiser
Im wirklichen Leben berät sie Projekte der Entwicklungszusammenarbeit im globalen Süden. Seit Ende 2015 engagiert sie sich ehrenamtlich in willkommen im Westend mit dem Schwerpunkt auf junge vor allem unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.
Auch bei dem Netzwerk Vormundschaft (bestehend aus Caritas, Xenion und dem Cura Vormundschaftsverein) können sich interessierte Vormünder melden und werden bis zur Bestallung unterstützt (Anträge, Erfahrungsaustausch, Schulungen etc.).