Asylrecht: Hinweise und konkrete Folgen zur Wohnsitzregelung nach Integrationsgesetz

Seit 05.08.2016 ist das Integrationsgesetz in Kraft, das zahlreiche Änderungen zur Folge hatte. Eine wichtige dabei ist die neue Wohnsitzregelung für bereits anerkannte Menschen, die also das Asylverfahren durchlaufen haben und Flüchtlingsstatus oder subsidiären Schutz genießen.

Dies ist eine sehr weitgehende Einschränkung, weil man dadurch keine Freizügigkeit mehr besitzt und in vielen Fällen auf das jeweilige Bundesland beschränkt ist, dem man zur Durchführung des Asylverfahrens zugewiesen wurde.

Die Details der neuen Regelung haben wir bereits ausführlich dargestellt.

Wir wollen die grundsätzlich geltenden Bedingungen nochmals zusammenfassen und dazu die nun bekannten Berliner Details darstellen. Hierzu gibt es nun eine neue Regelung in den Verfahrenshinweisen der Berliner Ausländerbehörde (Stand 05.08.2016) zu diesem neuen Gesetz.

 

Grundsätzliche generell geltende Gesetzeslage

Wir wollen nochmals auf die wesentlichen Punkte hinweisen, die grundsätzlich und für jedes Bundesland gelten:

  • Die Regelung gilt für alle Menschen, denen seit dem 01.01.2016 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde oder deren Asylantrag seit diesem Tag beschieden wurde. (In den meisten täglichen Fällen geht es um das Datum des Asylbescheids). Für Menschen mit Aufenthaltserlaubnis oder Asylbescheid aus 2015 oder früher gilt das Gesetz nicht.
  • Diesen Menschen ist damit qua Gesetz der Wohnsitz in dem Bundesland vorgeschrieben, in dem sie den Asylantrag gestellt haben.
  • Es ist dazu keine Änderung des Aufenthaltserlaubnis notwendig, um dies wirksam umzusetzen. Ebenso benötigt dies keinen separaten Bescheid o.ä.
  • Will man nun umziehen, muß eine AUFHEBUNG der Auflage erfolgen.
  • Eine Aufhebung kann man (klar geregelt) nur mit einem Arbeitsplatz, Studium oder Ausbildung erreichen. Die Voraussetzungen haben wir im Beitrag dazu dargestellt.
  • Leistungen nach SGB können eigentlich nur noch dort bezogen werden, wo die Wohnsitzregelung dies vorsieht.
  • Aufenthaltstitel erhalten ab sofort den Zusatz “Wohnsitznahme im Land Berlin erforderlich” (oder entsprechend anderes BL).
  • Bereits bestehende Titel zwingen jedoch auch ohne den Zusatz ebenso dennoch zur Wohnsitznahme in Berlin (oder in den jeweils anderen Bundesländern).

Die Ausnahmen, die von der gesetzlichen Regelung vorgesehen sind, sind abschließend diese:

 

A) Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung:

Der Umfang der Beschäftigung muss mindestens 15 Wochenstunden betragen und ein Netto-Einkommen von derzeit mindestens 712 Euro pro Monat erzielt werden (derzeit durchschnittlicher Bedarf nach §§ 20, 22 SGB II für eine Einzelperson). Minijobs und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse heben die Verpflichtung nach Abs. 1 nicht auf.

B) Aufnahme einer Ausbildung oder eines Studiums:

Umfasst sind ebenfalls berufsorientierende oder berufsvorbereitende Maßnahmen, die dem Übergang in eine entsprechende Ausbildung dienen, sowie studienvorbereitende Maßnahmen Genauere Regelungen und Definitionen bietet die VAB hier).

Besteht eine dieser beiden Voraussetzungen, besteht auch bereits von der gesetzlichen Reglung her keine Wohnsitzregelung.Hinweis: Ändern sich später Angestelltenverhältnis oder Ausbildung z.B. durch Wechsel des Arbeitgebers führt dies nicht zu einer nachträglichen Änderung bei der Wohnsitzregelung und z.B. deren späterem Wiederaufleben.

Konkrete weitere Handhabungen in Berlin im Detail

Berlin wendet eine wie auch immer geartete Umverteilung innerhalb des Bundeslandes, also Berlin selbst, NICHT an. (Abs. 2 und 3).

Ebenso definiert Berlin nicht etwaige Gebiete, die als integrationshemmend bezeichnet werden und in die man einen Umzug untersagen könnte (Abs. 4).

 

Was gilt für Menschen, die jetzt noch NACH Berlin ziehen wollen?

Kurz gesagt: Besteht für diese Menschen eine Wohnsitzregelung in einem anderen Bundesland, gilt diese und ein Zuzug ist NICHT möglich.

Die Regelung der VAB besagt:

Für Personen, die aus dem übrigen Bundesgebiet nach Berlin zuziehen möchten und bei denen eine Wohnsitzzuweisung bzw. Wohnsitzbeschränkungen nach Abs. 2 – Abs. 4 in einem anderen Bundesland bestehen, gilt Folgendes:

Aus dem jeweiligen Wortlaut in Abs. 2 bis Abs. 4 („der der Verpflichtung nach Abs. 1 unterliegt“) folgt, dass Verpflichtungen nach Abs. 2 bis Abs. 4 nur verfügt werden dürfen, wenn bei dem jeweiligen Betroffenen eine Wohnsitzbeschränkung nach Abs. 1 S. 1 besteht. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die nach den Abs. 2 bis 4 verfügten Wohnsitzbeschränkungen ebenfalls erlöschen, wenn ein Ausnahmetatbestand des Abs. 1 S. 2 vorliegt.

Möchte eine Person aus dem übrigen Bundesgebiet nach Berlin zuziehen, ist deshalb nur von Relevanz, ob die Voraussetzungen des § 12a Abs. 1 S. 1 und S. 2 vorliegen.

 

Deutlicher wird dies noch aus folgender Regelung der VAB:

Anders verhält es sich allerdings bei Personen, die zum 06.08.2016 (Datum des Inkrafttretens des IntG) noch nicht umgezogen sind, weil diese sich nicht auf Aspekte des Vertrauensschutzes berufen können. So diese nicht unter § 12 a Abs. 1 S. 2 fallen, sind sie bei Vorsprache und/oder Anträgen gem. § 12 a Abs. 5 an die örtlich zuständigen Ausländerbehörden zu verweisen.

An die örtlich zuständigen Ausländerbehärden verweisen, heißt konkret: Solange eine Wohnsitzregelung besteht, ist kein Umzug möglich. Und erst dann, wenn die zuständige Ausländerbehörde (also nicht die in Berlin) diese Regelung aufgehoben hat, geht auch ein Umzug.

 

Was passiert mit Menschen, die aus anderen Bundesländern bereits nach Berlin gezogen sind?

Bei Asylbescheid oder Aufenthaltserlaubnis VOR dem 31.12.2015 gilt die Regelung ohnehin nicht. Für Menschen bei denen dieses Datum NACH dem 01.01.2016 und VOR dem 06.08.2016 liegt, gilt die Wohnsitzregelung grundsätzlich.

Menschen, die ursprünglich in einem anderen Bundesland ihr Asylverfahren durchlaufen haben. und danach bereits nach Berlin gezogen sind, haben dennoch auch unter diesen Voraussetzungen kein Problem zu erwarten. In Berlin wird jeder dieser Fälle als Härtefall nach dem Gesetz behandelt, der eine Ausnahme nach der gesetzlichen Regelung zuläßt. Berlin verzichtet deshalb auf eine rückwirkende Anwendung der gesetzlichen Regelung.

 

Was sind Härtefälle?

Die grundsätzliche Regel ist, dass Härtefälle einer gerichtlichen Überprüfung standhalten können. Konkret definiert sind die folgenden Situationen:

  • Bei besonderem Betreuungsbedarf eines Familienangehörigen mit Behinderungen bzw. zur Sicherstellung der Pflege eines pflegebedürftigen Familienangehörigen;
  • bei der Notwendigkeit des Wohnortwechsels zum Schutz vor einer Gefährdung, die von einem Familienangehörigen oder dem ehem. Partner im Gebiet des räumlichen Bereichs der wohnsitzbeschränkenden Auflage ausgeht oder
  • wenn eine Schutzanordnung nach dem Gewaltschutzgesetz dies erfordert.

Daneben sind unter der o.g. Voraussetzung der gerichtlichen Überprüfbarkeit noch mehrere weitere Härtefälle denkbar. Diese sind aber nicht konkret definiert, nehmen aber grundsätzlich Bezug auf die besondere Schutzbedürftigkeit. Wie dies im einzelnen gehandhabt werden wird, bleibt deshalb unklar, zumal die Entscheidung, ob ein Härtefall vorliegt oder nicht diejenige Ausländerbehörde zu treffen hat, die jeweils zuständig ist.

Dies ist grundsätzlich nicht die AUFNEHMENDE, sondern die ABGEBENDE.

 

Quellen

Integrationsgesetz

Für Berlin: Verfahrenshinweise der Berliner Ausländerbehörde Stand 05.08.2016)

Für Niedersachsen: RdErl._10.08.2016__Wohnsitzauflage__12a_Abs._1_AufenthG

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