Wohnsitzauflage nach § 12a AufenthG: Änderungen & Erleichterungen

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Im Zuge der Änderungen durch das Gesetzespaket, das neben Einmalzahlungen u.a. den Leistungsbezug für aus der Ukraine Geflüchtete nach § 24 AufenthG nach SGB öffnete, wurde auch der § 12 a AufenthG zur Wohnsitzauflage geändert. 

Kurze Geschichte zum § 12 a

Die Wohnsitzauflage wurde im August 2016 überhaupt erst eingeführt. Sie sieht vor, dass – kurz gefasst – anerkannte Flüchtlinge und Menschen mit einem Schutzstatus als Ergebnis des Asylverfahrens für drei Jahre ihren Wohnsitz an dem Ort nehmen müssen, an dem das Asylverfahren durchgeführt wurde. 

Die Wohnsitzauflage ist an sich schon sehr umstritten. Eigentlich sollte das Integrationsgesetz, dessen Bestandteil die Wohnsitzauflage war, nach spätestens fünf Jahren, also 2021, evaluiert werden. Zudem war die Wohnsitzauflage selbst zunächst auf drei Jahre begrenzt. Eine Evaluation erfolgte bisher nicht, soll aber nun nachgeholt werden. Die Wohnsitzauflage selbst wurde dann 2019 ohne weitere Begrenzung verlängert.  

Sehr aktuell hat jedoch der Paritätische Gesamtverband eine Untersuchung zur Wohnsitzauflage veröffentlicht. Die reale Umsetzung der Aufhebung der Auflage bei entsprechenden Gründen weist dabei bekanntermaßen erhebliche Mängel und zeitliche Verzüge auf, die sich im Grunde alle erheblich zum Nachteil der Betroffenen auswirken können. 

Ausweitung auf und nach § 24 AufenthG

Diese Regelung zur Wohnsitzauflage wird nun auch auf Menschen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG ausgeweitet. Die Ausweitung bedeutet für Menschen aus dieser Gruppe nach dem nun geänderten § 12a Abs. 1 Satz 1 AufenthG, dass eine Wohnsitzauflage mit Erteilung der entsprechenden Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG entsteht. 

Ebenso besteht diese Wohnsitzauflage bereits mit der Verteilentscheidung noch vor Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (§ 24 Abs. 3 AufenthG)

Darüber hinaus können die Bundesländer eine entsprechende Verteilung innerhalb ihres jeweiligen Bundeslandes regeln und auch eine entsprechende Wohnsitzauflage nach § 12 a AufenthG dann zusätzlich räumlich auf bestimmte Landkreise oder Zuständigkeitsbezirke der jeweiligen Ausländerbehörde beschränken (§ 24 Abs. 4 AufenthG).

Insofern entspricht diese Wohnsitzauflage nun auch der bereits bekannten für anerkannte Flüchtlinge. 

Gründe, nach denen eine Wohnsitzauflage nicht verfügt werden darf

Nach § 12a Abs. 1 durfte und darf auch weiterhin keine Wohnsitzauflage verfügt werden, wenn bereits zur Erteilung der jeweiligen Aufenthaltserlaubnis die benannten Umstände bestanden.  

Diese Gründe wurden nun erweitert bzw. verändert. Dies gilt also auch für Menschen, die bereits bisher einer Wohnsitzauflage unterlagen. 

Bisher galten hierfür Folgendes: 

1. Ehegattin/e, eingetragene/r Lebenspartner/in oder minderjähriges Kind leben an einem anderen Ort ODER

Die/der Betroffene, die/der Ehegattin/e, eingetragene/r Lebenspartner/in ODER ein eigenes minderjähriges (im Haushalt lebendes) Kind hat

2. eine sozialversicherungspflichtige Arbeit mit einem Entgelt von mind. 810€ netto und mehr als 15 Wochen-Arbeitsstunden oder ein entsprechendes Angebot ODER
3. eine qualifizierte Berufsausbildung aufgenommen oder ein entsprechendes Angebot ODER
4. eine/n Studienplatzzusage oder ein Studium aufgenommen.

Nun NEU hinzu kommen auch:

Die/der Betroffene, die/der Ehegattin/e, eingetragene/r Lebenspartner/in ODER ein eigenes minderjähriges (im Haushalt lebendes) Kind hat

5. einen Integrationskurs nach § 43 ODER
6. einen Berufssprachkurs nach § 45a ODER
7. eine Qualifizierungsmaßnahme von einer Dauer von mindestens drei Monaten, die zu einer Berufsanerkennung führt, ODER
8. eine Weiterbildungsmaßnahme nach den §§ 81 und 82 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch 

jeweils an dem Ort, der mit der Wohnsitzauflage verpflichtet würde, aufnimmt, aufgenommen oder abgeschlossen hat oder dort dieser Kurs/Maßnahme ZEITNAH zur Verfügung steht.

Gründe für eine spätere Aufhebung einer erlassenen Wohnsitzauflage

Nach § 12 a Abs. 5 AufenthG kann man dazu eine verfügte Wohnsitzauflage später aufheben lassen, wenn die hierfür im Gesetz definierten Gründe bestehen.

Bisherige Gründe zur Aufhebung

Zunächst gelten die gleichen Gründe, die schon dazu führen, dass eine solche Auflage nicht erlassen werden darf, auch für eine spätere Aufhebung, wenn sie erst später, also eben nach Erlass einer Wohnsitzauflage, eintreten. 

Dies sind also:  

1. Ehegattin/e, eingetragene/r Lebenspartner/in oder minderjähriges Kind leben an einem anderen Ort ODER

Die/der Betroffene, die/der Ehegattin/e, eingetragene/r Lebenspartner/in ODER ein eigenes minderjähriges (im Haushalt lebendes) Kind hat

2. eine sozialversicherungspflichtige Arbeit mit einem Entgelt von mind. 810€ netto und mehr als 15 Wochen-Arbeitsstunden oder ein entsprechendes Angebot ODER
3. eine qualifizierte Berufsausbildung aufgenommen oder ein entsprechendes Angebot ODER
4. eine Studienplatzzusage ODER ein Studium aufgenommen

Nun NEU hinzu kommen nun auch hier:

Die/der Betroffene, die/der Ehegattin/e, eingetragene/r Lebenspartner/in ODER ein eigenes minderjähriges (im Haushalt lebendes) Kind hat

5. einen Integrationskurs nach § 43 ODER
6. einen Berufssprachkurs nach § 45a ODER
7. eine Qualifizierungsmaßnahme von einer Dauer von mindestens drei Monaten, die zu einer Berufsanerkennung führt, ODER
8. eine Weiterbildungsmaßnahme nach den §§ 81 und 82 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch 

jeweils an einem anderen Ort als dem nach der Wohnsitzauflage aufnimmt, aufgenommen oder abgeschlossen hat oder dort dieser Kurs/Maßnahme ZEITNAH zur Verfügung steht.

Daneben galt bisher als Grund für die Aufhebung, wenn 

9. Durch eigenes Einkommen des/der Betroffenen, Ehegatten, eingetragenen Lebenspartners oder Minderjährigen Kindes der komplette Lebensunterhalt gesichert wird.

Bei 9. reicht nun die ÜBERWIEGENDE Lebensunterhaltssicherung aus. 

Eine mindestens für Alleinstehende bedeutsame Änderung dürfte der Grund Nr. 9 in der geänderten Fassung sein: Führt nun schon die nur noch überwiegende Sicherung des Lebensunterhaltes zu einer Aufhebung, kann hierzu in einigen Fällen auch ein Minijob dafür bereits ausreichen, weil dieser Aufhebungsgrund selbständig neben dem anderen Aufhebungsgrund mit der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung mit mehr als 810€ Nettoeinkommen (hier Nr. 2 alt & neu) steht. 

Daneben galt und gilt, dass eine Aufhebung zur Vermeidung einer besonderen Härte erfolgen muss (§ 12 a Abs. 5 Nr. 2 AufenthG). Hierzu heißt es z.B. in den Anwendungshinweisen für Berlin: „Ein Härtefall ist insbesondere bei besonders schutzbedürftigen Gruppen anzunehmen, wenn die bestehende Verpflichtung zur Wohnsitznahme dem Wohl der sozialen Entwicklung, Erwägungen der Sicherheit und Gefahrenabwehr oder den besonderen Bedürfnissen insbesondere von Kindern und Jugendlichen zuwiderläuft.“

Mögliche Streitpunkte & offene Fragen

Nicht endgültig geklärt scheint, ob die an dieser Stelle geforderte überwiegende Sicherung des Lebensunterhaltes sich jeweils nur auf eine der Personen aus der genannten Gruppe bezieht oder auf die komplette Bedarfsgemeinschaft. Da sich alle Regelungen zur Aufhebung der Wohnsitzauflage und auch bereits zu den Gründen, unter denen eine Auflage gar nicht erst verfügt werden darf, immer und durchgängig auf eine einzelne Person aus der Gruppe Betroffener – Ehepartner – Lebenspartner – minderjähriges Kind beziehen und jeweils in Folge für alle Mitglieder der jeweiligen Familie dann eine Aufhebung erfolgt, müßte sich hier die Lebensunterhaltssicherung (ehemals vollständig, nun überwiegend) nach unserer Auslegung ebenfalls nur auf die einzelne Person beziehen und nicht auf die Bedarfsgemeinschaft insgesamt. 

In der Gesetzesbegründung ist zudem keine Rede davon, dass die Kurse oder Maßnahmen zu 5. bis 8. an einem anderen Ort stattfinden oder angeboten werden müssten, da jedoch diese Erweiterungen in den bestehenden Text des § 12 a Abs. 1 bzw. 5 AufenthG eingefügt werden und hier übergeordnet von „einem anderen Ort“ die Rede ist, muss man davon ausgehen, dass diese  Beschränkung auch hier gilt. 

Verfahren zur Aufhebung der Wohnsitzauflage

Bei der Aufhebung der Wohnsitzauflage besteht dann allerdings die grundsätzliche Schwierigkeit, dass sowohl die Ausländerbehörde am Wohnort wie auch die Ausländerbehörde am aufnehmenden Ort zustimmen muss. Die abgebende Ausländerbehörde stellt dazu auf Antrag eine entsprechende Anfrage an die aufnehmende Ausländerbehörde. 

Hierbei gilt die Zustimmung der aufnehmenden Behörde als erteilt, wenn diese nicht innerhalb von 4 Wochen nach Absendung der Anfrage der abgebenden Ausländerbehörde widerspricht oder diese Frist durch entsprechende Mitteilung unterbricht. Die Frist, innerhalb der die abgebende Behörde eine entsprechende Anfrage stellen muss, ist hingegen nicht definiert. 

Weiterhin nicht ausreichend, was gerade in Berlin sehr bedauerlich ist, ist hingegen die Anmietung einer Wohnung an einem anderen Ort als Grund für die Aufhebung der Wohnsitzauflage. Dies würde zwar dem eigentlichen Oberziel der Wohnsitzauflage „bessere Integration“ genügen, ist aber wie gesagt weiterhin kein Grund.

Eine einmal gelöschte Wohnsitzauflage bleibt auch dann gelöscht, wenn sich die Umstände, die zur Aufhebung führten, später wieder ändern sollten. Dabei gilt jedoch eine Frist von drei Monaten. Sollte innerhalb von drei Monaten diese Änderung eintreten, lebt die Wohnsitzauflage wieder auf, dann allerdings am neuen Wohnort und nur noch für die Restlaufzeit der ursprünglichen Auflage. 

2 Gedanken zu „Wohnsitzauflage nach § 12a AufenthG: Änderungen & Erleichterungen“

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