KOMMENTAR: Familiennachzug – Die Neuregelung ist eine Schande

 

 

Ab heute gilt die Neuregelung zum Familiennachzug für Menschen mit subsidiärem Schutz. Das Gesetz dazu ist schon handwerklich schlecht gemacht, problematisch in den Abläufen und mit einer zeitlichen Perspektive, die die Menschen frustrieren wird.

Selten hat eine Anhörung im Innenausschuss wohl so viel Kritik geäußert wie die letzte zum Gesetz zur Neuregelung des Familiennachzuges. Dass es inhaltlich Unterscheide geben würde, war erwartbar, wenn es um die Frage der Begrenzung des Nachzuges geht. Dass hingegen die Praktikabilität am Pranger steht, passiert wesentlich seltener.

Während der eine Sachverständige das Gesetz gleich komplett umschrieb, wurden von anderer Seite die Auswahlgründe, deren Belegbarkeit, die Klarheit der Kriterien und auch die rein technische Abwicklung kritisiert. Letztlich ging es auch um die Auswahl der 1.000 Glücklichen pro Monat und auch die Warnung vor deutlich zunehmenden Klagen aufgrund nicht nachvollziehbarer Entscheidungen und Bewertungen. 

Realität wurde nun all das Kritisierte: Mit über 31.000 Anträgen, die jetzt zeitlich abgearbeitet werden müssen, stellt sich jeder, der sich heute, am ersten Gültigkeitstag des Gesetzes, anmelden will. in eine theoretisch 2,5jährige Schlange, bevor er dran ist. 

Schon beim „normalen“ Nachzug zu anerkannten Geflüchteten sind real oft 1,5 Jahre vergangen, bis jemand seine Kinder nachholen konnte. Hier wird es nun noch länger dauern. 

All das ist gezielte Abwehr: Es geht weder um eine nachhaltige Ermöglichung von wenigstens 12.000 nachziehenden Familienangehörigen pro Jahr, auch nicht um das Vermeiden menschlicher Härten, sondern offenbar um das genaue Gegenteil: Man will zeigen, dass Familiennachzug nicht gewollt ist, zeitlich ewig dauert und man von staatlicher Seite auch wenig tut, um etwas an dieser Situation zu verbessern. 

Im Laufe des Verfahrens wird niemand, der nicht binnen vielleicht drei bis vier Monaten nach realem Antrag bei einer Botschaft eine Visumablehnung bekommt, nie wirklich wissen, wie es um sein Verfahren steht: Es wird weder mitgeteilt werden, ob man nun Härtfallgründe erfüllt und positive Integrationsaspekte geleistet hat, auch nicht, auf welchem Platz man damit im Ranking des Bundesverwaltungsamtes ladet, aber erst Recht nicht, wann man denn nun an die Reihe kommt. 

Hat man also nach vier Monaten nach dem ersten Termin für die Visum-Beantragung nichts gehört, weiss man, dass man wohl vermutlich die Kriterien grundsätzlich erfüllt, aber nie, wann man denn an der Reihe sein könnte. Theoretisch denkbar ist auch, dass es dann jeden Monat genau 1.000 Fälle gibt, die einem immer wieder vorgehen. 

Ganz übel wird es dann, wenn bei einem unbegleiteten Minderjährigen nicht nur die Eltern, sondern weitere minderjährige Geschwister nachziehen wollen. Alle irren Folgen, die seit der Neuregelung durch das Auswärtige Amt im März 2017 schon anerkannte Flüchtlinge trafen, werden nun noch einmal ins Absurde getrieben: 

In den meisten Fällen muss nun erst ein Elternteil kommen, ein eigenes Asylverfahren durchlaufen und das minderjährige Kind dann später selbst durch das neu geschaffene Härtefall-Verfahren gehen. Nicht mal bei voller Lebensunterhaltssicherung gibt es einen Anspruch. Gerade vor dem vermeintlich hochgehaltenen Kindeswohl eine untragbare Idee, nun aber in Gesetzeskraft gegossen. 

Integration sieht anders aus. An dieser hat aber offenbar niemand echtes Interesse, obwohl nicht nur die Menschen, die gekommen sind, sondern auch alle, die hier bereits leben, vehement die Voraussetzungen dafür schaffen müßten. 

Im sog. „Masterplan“ stehen ein paar Allgemeinplätze zu Integrationskursen, die sich aber ä fast schon logisch – nur mit der Sanktionieren bei Nichtteilnahme und Qualitätskontrollen befassen. 

Es gibt keiner Ideen und Pläne zur Erleichterung von Arbeit und Ausbildung, keine früheren Sprachkurse für alle, keine Klarstellung zur Ausbildungsduldung und auch keine neuen Bleiberechtsregelungen und Übergänge zwischen Asyl- und Aufenthaltsrecht. 

So tritt nun heute ein neues Gesetz in Kraft, dass im Kern nicht auf Humanität aufbaut und keinen integrativen Kern hat, sondern den Menschen offenbar nur deutlich zeigen soll, dass es sich weder lohnt, auf die Familie zu warten, noch eigentlich überhaupt nach Deutschland zu kommen.

Selbst hochstehende Politiker in Verantwortung sprechen von Abschiebung nach Syrien, wiederholen die ausgeleierte ewig dämliche Mär von nur ganz wenigen mit echtem Asylanspruch und reden von der Gefahr von Pull-Faktoren. 

Am Ende trifft familien- und integrationspolitischer Wahnsinn auf abschottendes Kalkül. Menschen werden zusätzlich gegängelt, aber ihnen wird nicht geholfen. Das ist weder im Interesse der Familien noch von Deutschland, wird aber nun Realität. 

 

Ausführliche Darstellung zu rechtlichen Grundlagen und dem Antragsverfahren

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