VG Berlin urteilt bei Flüchtlingsschutz für Syrer NICHT einheitlich

 

 

Wir hatten vor kurzem berichtet, dass auch beim Verwaltungsgericht Berlin nun erstmalig Urteile gefällt wurden, die sich mit der Frage beschäftigten, ob Syrern der Flüchtlingsstatus grundsätzlich zugesprochen werden muss, auch wenn der Asylbescheid nur subisidären Schutz zugestanden hatte. Nun gibt es positive und negative Urteile.

Diese grundsätzliche Frage wird bundesweit von Verwaltungsgerichten mit großer Mehrheit mit ja beantwortet. Die Oberverwaltungsgerichte urteilen hingegen weit überwiegend für das BAMF und somit gegen die Geflüchteten.

In Berlin hat es nun die zwei bereits erwähnten positiven Entscheidungen. In diesen beiden Fällen kam das Gericht zum Schluss,

nach Wertung der vorliegenden aktuellen Erkenntnisse verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen sei die Asylantragstellung in Deutschland für das syrische Regime Anlass genug, um Rückkehrer einer oppositionellen Gesinnung zu verdächtigen. Ihnen drohe danach bei einer Wiedereinreise nach Syrien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zielgerichtete Verfolgung, insbesondere eine Befragung unter Anwendung von Folter. Daher sei ihnen eine Rückkehr nicht zuzumuten. Das Vorgehen des syrischen Regimes im Inneren des Landes spreche dafür, dass sich mit Zuspitzung des Konflikts die Verfolgung mutmaßlicher Gegner sogar ausweite und verstärke.

Beide Urteile kommen von der 23. Kammer des VG Berlin (VG 23 K 1540.16 A und VG 23 K 1551.16 Am beide 02.03.2017).

 

In einem weiteren Fall kam hingegen die 4. Kammer zu einem genau gegensätzlichen Urteil,

wonach die genannten Gründe für sich genommen noch nicht die Prognose einer beachtlichen Verfolgungsgefahr einschließlich der Gefahr von Folter zuließen. Es lägen derzeit keine hinreichend aussagekräftigen Erkenntnisse zum Umgang des Regimes mit Rückkehrern vor. Bei der gebotenen Gesamtbewertung müsse u.a. die Änderung der Situation im Vergleich zum Beginn des Bürgerkriegs berücksichtigt werden. So befänden sich Millionen von Flüchtlingen im Ausland, und der syrische Staat habe in der jüngeren Vergangenheit zahlreiche Pässe ausgestellt. Dies lasse nicht den Schluss zu, dass jeder Syrer, der hiervon Gebrauch mache, als Gegner angesehen werde und er daher zielgerichteter Verfolgung ausgesetzt sei.

Urteil 4. Kammer VG Berlin (VG 4 K 572.16 A vom 09.03.2017)

 

 

In Berlin sind Stand Ende Februar genau 3.735 Klagen von Syrern mit subsidiärem Schutz anhängig, die auf Zuerkennung des Flüchtlingsstatus klagen. Inzwischen sind deshalb 13 Kammern mit diesen Fällen betraut.

Jede Kammer eines Gerichtes ist zunächst frei in ihrer Urteilsfindung. Es gibt – obwohl dies an anderen Verwaltungsgerichten schon passiert ist – keine vorgehende einheitliche Betrachtung zu bestimmten Fallkonstellationen. Deshalb ist insbesondere auf der Grundlage auch völlig offen, wie sich die anderen elf Kammern verhalten und an welchem Urteil sie sich möglicherweise orientieren werden.

Wir werden die zukünftigen  Entscheidungen deshalb genauer beobachten müssen, um zu erkennen, ob sich eine dann doch im Wesentlichen einheitliche Linie in Berlin abzeichnen wird.

Die Berufung ist zunächst nicht zugelassen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass bei allen Fällen die Zulassung zur Berufung beim OVG beantragt werden wird.

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